Volker Gäckle

Jugendgottesdienst 21.09.2003

 

Predigt über Matthäus 4, 1-11

 

 

 

Ich möchte heute mit euch über eine der merkwürdigsten Geschichten reden, die es im Neuen Testament gibt. Da kommt einer zu Jesus und sagt: »Jesus, hör her: Du hast ein Problem. Du kommst so schlecht rüber. Deine Jünger haben von guter PR-Arbeit keine Ahnung. Dein Image ist lausig verglichen mit dem Potential, das in dir steckt.
Und jetzt pass mal auf Jesus! Ich habe ein phantastisches Konzept ausgearbeitet, wie wir dich so richtig bekannt machen. Wie wir eine Jesus-Bewegung auf die Beine bringen. Wie wir deine Zweifler zum Schweigen bringen. Wie wir mit einem Schlag alle überzeugen, dass du die absolute Nr. 1 bist. Mit diesem Konzept rotten wir den Unglauben aus.«

 

So und jetzt sind wir natürlich gespannt, was das für Ideen und Vorschläge sind, schließlich ist doch jeder von uns, wenn er an Jesus glaubt, auch daran interessiert, Jesus so zu präsentieren, dass er ankommt.

 

Ich weiß noch wie mir einmal bei einem Familientreffen ein alter Freund meiner Eltern begegnet ist. Der hat mich das letzte Mal gesehen als ich 10 war. Dann kuckt er mich an und fragt: »So, und was ist aus dir geworden?« Dann kuck ich ihn an und sag: »Ja, ich bin Pfarrer geworden!« Und dann konnte man sehen wie sein Gesicht einfriert und man spürte: Jetzt rattert es in seiner Hirnstube. Und als er sich wieder gefangen hatte, sagte er ganz trocken: »Ja, warum nicht. Solche Leute muss es ja schließlich auch geben.«

 

Das ist doch auch das Problem von ganz vielen von uns hier in der Liederhalle, dass wir Jesus unseren Freunden und Klassenkameraden bekannt machen möchten, aber dass wir so oft zu hören bekommen. Nein, danke, bleib mir gestohlen mit deinem Jesus. Der hat so ein mieses Image, damit hab ich nix am Hut.

 

Deshalb ist es schon sehr interessant, einmal hinzuhören, was für Ideen dieser PR-Berater hat. Wie könnte eine bessere Performance von Jesus aussehen?
Der erste Vorschlag, den unser Public-Relation-Fachmann macht, lautet: »Jesus, wenn du Gottes Sohn bist, so sprich, dass diese Steine Brot werden!«

 

Ihr müsst wissen, dieses Gespräch findet in der judäischen Wüste statt. Jesus hatte sich eine sogenannte Auszeit in der Wüste genommen. Ist ja heute wieder topaktuell. Und da lagen nun endlos viele Steine rum. Jesus mach alle diese Steine zu Brot und das entsetzliche Hungerproblem in dieser Welt ist gelöst.

Ich weiß nicht, aber ich kann mir vorstellen, dass fast jeder von uns auch schon mal auf diese Idee gekommen ist. Warum löst Jesus eigentlich nicht das Hungerproblem und alle die anderen verheerenden Nöte in dieser Welt? Wenn er der Sohn Gottes ist und wenn er alle Macht hat, warum tut er es dann nicht. Warum müssen jedes Jahr Millionen von Menschen und v.a. Millionen von Kindern verhungern?

Wenn Jesus das tun würde, dann wäre ja auch nicht nur das Problem mit dem Hunger gelöst, sondern dann hätten doch auch wir Christen ganz andere missionarische Möglichkeiten. Man muss sich das doch mal vorstellen. Wir wären die persönlichen Mitarbeiter des ultimativen Problemlösers dieser Welt. Wer wäre denn dann nicht gerne auf seiner Seite?

 

Aber uns PR-Fachmann hat noch andere Vorschläge. Er klettert mit Jesus auf den Jerusalemer Tempel und stellt sich mit ihm an den Rand des Daches, der aus verschiedenen Zinnen bestand und dann sagt er zu Jesus: »Jesus, wenn du der Sohn Gottes bist, dann wirf dich hinab, denn es steht ja im Alten Testament, dass dich die Engel Gottes auffangen werden, so dass dir nichts passiert. Du wirst keinen Kratzer abbekommen.«

 

Und jetzt müsst ihr wissen, dort unten auf dem Tempelplatz auf dem Jesus mit diesem pfiffigen Werbefachmann stand, dort hielten sich tagtäglich Tausende von Menschen auf. Das wäre eine gigantische Show geworden. Eine Evangelisation mit Zeichen und Wundern. Tausende wären begeistert gewesen. Die Massen würden schlagartig an ihn glauben. Jesus hätte sich nicht mehr rumstreiten müssen mit Pharisäern oder Sadduzäern. Alle wären mit einem Mal überzeugt: Der ist es. Das ist der Messias.

 

Wenn Jesus das heute tun würde, dann könnten wir doch so einen popligen Jugo vergessen. Da könnte ich mir meine Predigt sparen.
Stell dir mal vor, Jesus würde hier im Jugo einen Salto mortale von der Decke machen ohne Netz und doppelten Boden und 1 Meter über dem Parkett würden plötzlich 10 Engel stehen, die ihn locker auffangen. Das wäre doch damals wie heute eine absolute Sensation gewesen. Die Botschaft von Jesus hätte sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Da müssten wir unseren Jugo das nächste Mal im Daimler-Stadion feiern - vor ausverkauftem Haus. Die Stadt Stuttgart müsste das Daimler-Stadion schon allein für uns ausbauen.

 

Auch das hast du dich sicher schon mal gefragt: Warum macht Jesus nicht irgendein umwerfendes und unwiderlegbares Wunder, so dass ich nicht mehr zweifeln muss. Wir werden doch alle immer mal wieder vom Zweifel überfallen und dann fragt man sich: Jesus, kannst du dich nicht mal klarer zeigen. Könntest du mir nicht mal einen kleinen Beweis geben, dass du lebst und dass du wirklich der Herr bist? Dass ich eine absolute Sicherheit habe, dass das stimmt mit dir. Warum tust du das nicht?

 

Wir stellen jedenfalls fest: Dieser Typ hat wirklich Ahnung von Public Relations, von effektiver Werbung, von Imagebildung. Der man weiß, was ankommt. Und man interessiert sich schon dafür, wer dieser Typ ist.

 

Und tatsächlich: Beim nächsten Vorschlag, da outet er sich. Er geht mit Jesus auf einen hohen Berg und dann, so steht es in der Bibel, zeigt er ihm alle Reiche dieser Welt. Und dann kommt überhaupt der Hammervorschlag, also nicht der Vorschlaghammer, sondern der Hammervorschlag. Er sagt: »Das alles will ich dir geben, ...«

 

Stellt euch das nur für einen Augenblick einmal vor. Jesus wäre der Oberboss dieser Welt. Der absolute Chef, Präsident, König und Kaiser dieser Welt, der das absolute Sagen hat. Der die uneingeschränkte Macht hat. Mit einem Schlag wären die Hitlers, die Stalins, die Saddam Husseins und wie sie alle heißen, erledigt. Mit einem Mal wären alle politischen Probleme gelöst. Man bräuchte keine UNO mehr, keine NATO, auch George Bush könnte wieder auf seine Ranch gehen, und Gerhard Schröder könnte in Ruhe seine Currywurst essen. Jesus wäre der Chef und könnte alles so regeln, wie es gut und richtig wäre. Meine Güte, was für eine Vision? Was für eine Perspektive?

 

Die einzige Bedingung, die dieser geniale und ausgefuchste Machtstratege an Jesus stellt ist »... wenn du niederfällst und mich anbetest.«

 

Wer sich ein bisschen in der Bibel auskennt, der weiß schon lange, was Sache ist. Dieser Typ, der hier zu Jesus kam, war der Teufel. Und ich will mit euch jetzt mal die ganze Geschichte lesen:

 

Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben: »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.« Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben: »Er wird seinen Engeln deinetwegen Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.« Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.« Darauf führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! denn es steht geschrieben: »Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.« Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel zu ihm und dienten ihm.

 

Und wir können an dieser Geschichte sehen, dass der Teufel der beste Werbefachmann der Welt ist. Der Teufel weiß, wie Jesus ankommen würde. Der Teufel weiß, was Menschen wünschen. Der Teufel weiß, wie man die Masse für Jesus mobilisieren kann. Der Teufel weiß auch, wie du ankommen würdest, wie du groß rauskommen würdest.
Wenn man sich mit dem Teufel einlässt, dann kann man sehr erfolgreich werden. Aber du musst eines wissen: Du wirst am Ende immer zum Teufel gehen dabei. Man sollte immer auch das Kleingedruckte bei ihm lesen: »... wenn du niederfällst und mich anbetest.«

 

Die entscheidende Frage ist jetzt aber: Warum ist Jesus eigentlich auf diese genialen Vorschläge nicht eingegangen?
Wir stoßen mit diesen Fragen an den innersten Kern der biblischen Botschaft. Wir sind jetzt ganz nah dran an der Antwort auf die Frage: Was wollte Jesus eigentlich? Warum ist Jesus eigentlich gekommen? Wozu Jesus?

 

Wir lernen an dieser Geschichte, dass Jesus nicht zuerst gekommen ist, um das Hungerproblem zu lösen oder überhaupt die Not dieser Welt. Wir lernen, dass Jesus nicht zuerst gekommen ist, um Wunder zu zelebrieren. Und wir lernen, dass Jesus auch nicht gekommen ist, um die Machtfrage in dieser Welt zu lösen.

 

Bitte versteht mich nicht falsch. Es ist nicht so, dass Jesus das alles egal gewesen wäre. Und es ist ihm bis heute nicht egal und das Leid und das Unrecht in dieser Welt wird ihm nie egal sein. Wenn es jemandem egal ist, dann vielleicht uns. Jesus ist es jedenfalls nicht egal.

 

Die entscheidende Frage ist aber: Was haben wir davon, wenn es auf dieser Welt keinen Hunger, keine Kriege und keine Ungerechtigkeit mehr gibt, aber wir alle miteinander in der Ewigkeit zum Teufel gehen? Was ist gewonnen, wenn wir hier alle Probleme lösen, aber am Ende ewig verloren sind?
Das ist der Grund, warum Jesus hier abgelehnt hat.

 

Jesus ist vor 2000 Jahren nur wegen einem einzigen Problem gekommen. Er ist wegen unserem Hauptproblem gekommen, wegen dem Kernproblem. Und unser Kernproblem ist nicht der Hunger, nicht die Not der Welt, nicht die politische und soziale Ungerechtigkeit. Unser Hauptproblem ist die Sünde.

So steht es am Anfang aller Evangelien:


»Er wird sein Volk retten von ihren Sünden«

(Matthäus 1, 21).


»Siehe, das ist das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt«

(Johannes 1, 29).

 

Wir werden Jesus nie verstehen, wenn wir uns nicht dem Problem der Sünde in unserem Leben stellen. Wenn wir so tun, als hätten wir keine Sünde, dann hat uns Jesus nichts zu sagen. Was Sünde ist kann man am besten an dieser Geschichte vom verlorenen Sohn sehen: Am Anfang steht der Abbruch der Beziehung zum Vater. Das ist die Grundsünde: Dass wir die Beziehung zu Gott abgebrochen haben. Und dann zerbrechen der Reihe nach auch alle anderen Beziehungen.

 

Sünde ist immer zerstörerisch. Immer kaputt machend. Sünde macht Beziehungen kaputt, sie macht Familien kaputt, sie macht andere Menschen kaputt und sie macht letztendlich mich kaputt.

 

Und weil Sünde so zerstörerisch ist, deshalb ist Jesus gekommen - allein deshalb. Und allein deshalb versucht der Teufel hier alles zu tun, um Jesus davon abzuhalten, das Schuldproblem zu lösen.


Denn seine Macht steckt in deiner Sünde. Weil wir von Gott weggelaufen sind, hat Gott Macht über uns. Mit der Sünde hat er dich und uns alle in der Hand. Der Teufel kann es verkraften, wenn alle Menschen satt werden, er kann es verkraften, wenn sie Wunder Gottes sehen, er kann es verkraften, wenn den Tyrannen dieser Welt das Handwerk gelegt wird. Dem Teufel ist es egal ob er über satte oder hungrige Menschen Macht hat; es ist ihm egal, ob er über tyrannisierte oder politisch freie Menschen die Macht; es ist ihm egal, ob er über unanständige oder hoch moralische Leute die Macht hat. Wie und auf welche Weise ein Mensch verloren geht, ist ihm völlig egal. Aber er kann es nicht verkraften, wenn deine und meine Schuld vergeben wird. Denn wenn das geschieht, dann hat er keine Macht mehr über uns.

Jesus ist gekommen, um dem Teufel die Macht über dein Leben zu nehmen. Deshalb das Kreuz. Deshalb die Vergebung der Sünden. Das muss ich kapieren.

 

Vielleicht sagst du: »Also Gäckle, hör mal her, den Teufel kenne ich gar nicht. Ich bin weder Satanist noch Grufti oder sonst irgendwie okkult angehaucht. Ich weiß gar nicht was du willst.«
Weißt du, man muss nicht Satanist sein, um verloren zu gehen. Der Teufel hat auch Freude dran, wenn du glücklich, anständig und erfolgreich in die Hölle kommst.

 

Wo willst du hin mit deinem Leben? Wenn du reich, berühmt und beliebt werden willst, dann bist du bei Jesus an der falschen Adresse. Wenn du in deinem Leben nur um dich selbst drehen willst, dann ist die Firma Satan & Co. kompetenter. Aber wenn du dich nach Frieden in deinem Herzen sehnst, wenn du dich nach Gnade für dein überschuldetes Leben sehnst, wenn du dich nach einer Ewigkeit im Himmel sehnst, dann bist du bei Jesus richtig.

 

Noch etwas an dieser Geschichte ist sehr wichtig: Jesus manipuliert nicht. Es ist doch so. Hätte Jesus damals ein »Aus-Stein-mach-Brot-Wunder« abgezogen, oder eine Zeichen- und Wundershow auf dem Tempelplatz abgezogen, so hätte er die Massen für sich gewonnen. Und heute wäre das nicht anders. Aber Jesus will nicht dein Nervensystem manipulieren, sondern er ruft dich zum Glauben. Jesus will nicht die Begeisterung der Masse, sondern er will, dass jeder eine Entscheidung in seinem Herzen trifft. Jesus will dein Herz, nicht deine Begeisterung. Er will, dass du mit Haut und Haaren sein Jünger wirst, nicht nur sein Fan. Und deshalb verkleidet sich Jesus, der Herr aller Herren, der Herr der Herrlichkeit. Bis auf diesen Tag kommt er immer nur unscheinbar in diese Welt. Er kommt als unscheinbares Kind in der Grippe, er kommt als elend Gekreuzigter von Golgatha. Er kommt sehr unauffällig, so dass man sich an ihm ärgern kann, dass man an ihm vorbeigehen kann. Er kommt so, dass man an ihn glauben muss.

 

Es wäre für Jesus ein Leichtes gewesen, eine große Show abzuziehen und dich zu fesseln. Aber Jesus will nicht deinen Jubel, sondern dein Herz und deine Liebe. Und deshalb schickt bis auf diesen Tag so kümmerliche Prediger wie mich los, um Menschen die gute Botschaft zu sagen. Deshalb gibt's auch heute im Jugo keine Show, sondern eine Predigt. Und das einzige, worum es geht, ist die Hauptsache: »Jesus will dich von deinen Sünden retten. Er will dich aus der Macht des Teufels befreien.«

 

Jesus manipuliert nicht und ich darf und ich will das auch nicht tun. Aber Jesus stellt dir eine Frage und die muss ich weitergeben: Wem willst du gehören? An wen willst du glauben? Wem willst du nachfolgen? Mir oder dem Public-Relation-Genie von der anderen Firma. Jesus fragt dich: Willst du von mir geführt werden oder von ihm verführt werden? Eine dritte Alternative gibt es nicht.

 

Es ist die Liebe Jesu, die hinter dieser ernsten Frage steht. Es ist sein Barmherzigkeit, die dich zur Umkehr einlädt. Jesus will auf dich nicht verzichten, du sollst nicht verloren gehen.

 

Ich bitte dich, dass du dir das gut überlegst. Vielleicht möchtest du in Ruhe noch ein paar Tage zu Hause drüber nachdenken. Tu das! Vielleicht ist dir aber auch die Antwort schon längst klar und du hattest noch nicht den Mut, sie einmal auszusprechen und sie fest zu machen. Dann will ich dich bitten, das heute Abend zu tun.

 

Ich werde nach dem nächsten Lied ein Gebet sprechen und ich will dich einladen, es still mitzusprechen. Ich will dich einladen, Jesus deine Schuld zu geben und sein Kind zu werden.

 

Amen.