Prof.
Dr. Werner Gitt
Ein
Auszug aus dem Buch: „Fragen, die immer wieder gestellt werden“
16.
Auflage
In welcher Beziehung stehen Gott und Jesus zueinander? Ist das eine Person,
oder wer von ihnen ist höher? Zu wem sollen wir beten?
Gott ist mit unserem Denken nicht zu erfassen. Er ist
überräumlich, überzeitlich und unausforschlich, darum sind uns alle bildhaften
Vorstellungen von ihm schon im 1. Gebot untersagt. Gott hat sich dennoch „nicht
unbezeugt gelassen“ (Apostelgeschichte 14, 17); er hat sich uns offenbart. Er
ist der Eine und zugleich der Dreieine.
- Gott ist der Eine: Es gibt keinen anderen Gott als nur den Gott
Abrahams, Isaaks und Jakobs (2. Mose 3, 6): „Ich bin der Erste, und ich
bin der Letzte, und außer mir ist kein Gott“ (Jesaja 44, 6). „Vor mir ist
kein Gott gemacht, so wird auch nach mir keiner sein. Ich, ich bin der
Herr, und ist außer mir kein Heiland“ (Jesaja 43, 10-11). Darum lautet das
Gebot: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“ (2. Mose 20, 3).
Die Gottesvorstellungen in allen Religionen sind nichtig: „Denn alle
Götter der Völker sind Götzen“ (Psalm 96, 5); sie „sind Wind und eitel“
(Jesaja 41, 29).
- Gott ist der Dreieine: Zugleich begegnet uns Gott als Einheit in
drei Personen. Es handelt sich nicht um drei verschiedene Götter, sondern
– wie es viele Stellen der Bibel belegen (z. B. 1. Korinther 12, 4-6;
Epheser 1, 17; Hebräer 9, 14) – um einen Dreiklang von Willen, Tun und
Wesen Gottes. Von diesem dreieinen Gott wird in dreifacher Weise in
personaler Differenzierung geredet: – Gott, der Vater – Jesus Christus,
der Sohn Gottes – der Heilige Geist. Im Taufbefehl nach Matthäus 28, 19
tritt dies am ausdrücklichsten und deutlichsten hervor. Der in der Bibel
nirgends vorkommen- de Ausdruck der „Dreieinigkeit“ (Trinität; lat. trinitas
= Dreizahl) ist der menschliche Versuch, dies göttliche Geheimnis mit
einem Wort zu fassen. In Jesus wurde Gott Mensch: „Das Wort ward Fleisch“
(Johannes 1, 14). Gott wurde sichtbar, hörbar, tastbar (1. Johannes 1, 1)
und im Glauben greifbar (Johannes 6, 69). Den Herrn Jesus hat Gott zu uns
gesandt, und „ihn hat Gott für den Glauben hinge- stellt“ (Römer 3, 25).
So steht Jesus in einer besonderen funktionalen Zuordnung für uns. Den
rettenden Glauben haben wir nur, wenn wir an Jesus gläubig sind. Er ist
für uns ans Kreuz gegangen, er hat unsere Schuld gesühnt, er hat uns teuer
erkauft (1. Petrus 1, 18), und darum müssen wir ihn anrufen, um gerettet
zu werden (Römer 10, 13). Durch Jesus haben wir Zugang zum Vater (Johannes
14, 6) und dürfen als Kinder „Abba, lieber Vater“ (Römer 8, 15) sagen.
Jesus ist der Sohn Gottes, er ist mit dem Vater wesensgleich: „Ich und der
Vater sind eins“ (Johannes 10, 30), darum konnte er sagen: „Wer mich
sieht, sieht den Vater“ (Johannes 14, 9). Thomas bekennt gegenüber dem Auferstandenen:
„Mein Herr und mein Gott!“ (Johannes 20, 28). Die Gottheit Jesu und die
Wesensgleichheit mit dem Vater kommen weiterhin durch folgende gleiche
Titel und Tätigkeiten zum Ausdruck: Schöpfer (Jesaja 40, 28 \ Johannes 1,
3), Licht (Jesaja 60, 19-20 \ Johannes 8, 12), Hirte (Psalm 23, 1 \
Johannes 10, 11), Erster und Letzter (Jesaja 41, 4 \ Offenbarung 1, 17), Sündenvergeber (Jeremia 31, 34 \
Markus 2, 5), Schöpfer der Engel (Psalm 148, 5 \ Kolosser 1, 16), Anbetung
durch Engel (Psalm 148, 2 \ Hebräer 1, 6). Die Gleichheit Jesu mit dem
Vater betont auch Philipper 2, 6. Bei seiner Menschwerdung nahm er die
Knechtsgestalt eines Menschen an. Hier stand er in der völligen
Abhängigkeit und im Gehorsam zum Vater. Im Zusammenhang mit der
Menschwerdung Jesu ist somit eine deutliche Rangfolge zwischen dem Vater
und dem Sohn erkennbar: Wie der Mann das Haupt der Frau ist, so ist Gott
Christi Haupt (1. Korinther 11, 3). Nun aber sitzt der Herr Jesus zur
Rechten Gottes und ist das Ebenbild seines Wesens (Hebräer 1, 3). Der
Vater hat dem Sohn alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben (Matthäus
28, 18), auch das Gericht hat er ihm übereignet (Johannes 5, 22), denn
alles hat er unter seine Füße getan (1. Korinther 15, 27). Schließlich
heißt es: „Wenn aber alles ihm (= Jesus) untertan sein wird, alsdann wird
auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles untergetan hat, auf
dass Gott sei alles in allem“ (1. Korinther 15, 28). Der Heilige Geist
begegnet uns ebenso als göttliche Person, jedoch in anderen Funktionen als
der Sohn Gottes. Er ist unser Tröster (Johannes 14, 26) und Anwalt, er
erschließt uns die Wahrheit der Bibel (Johannes 14, 17), er vertritt uns
vor Gott mit dem rechten Gebet (Römer 8, 26), und ohne ihn können wir
Jesus als unseren Retter und Herrn (1. Korinther 12, 3b) überhaupt nicht
erkennen.
Gebet: Jesus hat seine
Jünger und damit auch uns das Gebet zum Vater gelehrt (Matthäus 6, 9-13), und
als der Apostel Johannes vor der Macht des Engels erschrocken zu Boden fällt
und ihn anbeten will, wehrt der Bote Gottes entschieden ab: „Ich bin dein
Mitknecht… Bete Gott an!“ (Offenbarung 22, 9). Ebenso ist das Gebet zu Jesus
Christus nicht nur möglich, sondern seit seinem Kommen in diese Welt sogar
geboten. Er selbst sagte den Jüngern: „Bisher habt ihr nichts gebeten in meinem
Namen“ (Johannes 16, 24), und „Was ihr mich bitten werdet in meinem Namen, das
will ich tun“ (Johannes 14, 14). Kolosser 3, 17 fasst all unser Reden und Tun –
und damit auch das Gebet zu Christus – zusammen: „Und alles, was ihr tut mit
Worten oder mit Werken, das tut alles in dem Namen des Herrn Jesus und danket
Gott, dem Vater durch ihn.“ Jesus ist der einzige Mittler zwischen Gott und den
Menschen (1. Timotheus 2, 5), und darum dürfen wir uns im Gebet an ihn wenden.
Der erste Märtyrer, Stephanus, wird uns vorbildhaft als ein Mann „voll heiligen
Geistes“ (Apostelgeschichte 7, 55) geschildert. Sein Gebet zu Jesus ist uns
überliefert: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!“ (Apostelgeschichte 7, 59).
Auch während der Erdenzeit wurde der Herr Jesus als Gott angebetet, und er
akzeptierte dies: Der Aussätzige (Matthäus 8, 2), der geheilte Blindgeborene
(Johannes 9, 38) und die Jünger (Matthäus 14, 33) fielen vor ihm nieder. Dies
ist nach der Bibel der höchste Ausdruck der Anbetung und Huldigung. Für das
Gebet an den Heiligen Geist (z. B. in dem Kirchenlied „Nun bitten wir den
Heiligen Geist um den rechten Glauben allermeist“ von Berthold von Regensburg)
finden wir in der Bibel jedoch keinen Hinweis.
Das Gebet kennt also nach
der Bibel nur zwei Adressen: Gott der Vater und Jesus Christus, der Sohn
Gottes.