Verheiratet - und trotzdem glücklich?!
Warum gibt es so wenige glückliche Ehen?
Dafür gibt es
sicherlich eine Vielzahl von Gründen. Ehen scheitern, weil die hohen Erwartungen nicht
erfüllt werden können und weil unharmonische Beziehungen von Paaren immer weniger
ausgehalten werden. Die falsche Partnerwahl kann durch eine Wiederheirat
scheinbar korrigiert werden. Werden Hoffnungen auf die Erfüllung
Eine weitere Hauptursache
scheint in der fehlenden Vorbereitung zu liegen. Wir werden eigentlich auf
alles im Leben gut vorbereitet. Im Regelfall durchlaufen wir 9-13 Jahre
Schulausbildung. Dann folgen mehrere Jahre Berufsausbildung. Ich habe sogar von
einer Frau gehört, die sich elf Jahre lang auf ihre Führerscheinprüfung
vorbereitet hat. Doch wo geschieht Ehevorbereitung? Gibt es Kurse an der
Volkshochschule? Geschieht Ehevorbereitung in den christlichen Gemeinden?
Die Anweisungen des Herstellers
Ich bin davon
überzeugt: Die beste Vorbereitung finden wir in Gottes Wort. Die Bibel ist das
Kursbuch zum Leben. Auf dem Beipackzettel eines Elektrogerätes las ich einmal folgenden Satz: »Um
beste Ergebnisse mit diesem Gerät zu erzielen, halten Sie sich genau an die
Anweisungen des Herstellers«. Die Ingenieure der Herstellerfirma kennen ja das
Produkt am allerbesten.
So verhält es sich auch mit der Ehe.
In der Bibel finden wir gewissermaßen die Funktionsanleitung des Schöpfers.
Gott hat uns darin gesagt, wie wir in Ehe, Familie, Kindererziehung, Beruf und
Gesellschaft leben sollen. Darum soll an dieser Stelle die Heilige Schrift
selbst zu Wort kommen. Ich glaube, dass niemals etwas Größeres über die
christliche Ehe gesagt wurde als in Epheser 5, 21-33. Dort schreibt der Apostel
Paulus:
»Ordnet euch einander unter in der
Furcht Christi, die Frauen den eigenen Männern als dem Herrn! Denn der Mann ist
das Haupt der Frau, wie auch der Christus das Haupt der Gemeinde ist, er als
des Leibes Heiland. Wie nun die Gemeinde sich dem Christus unterordnet, so auch
die Frauen den Männern in allem. Ihr Männer liebt eure Frauen, wie auch der
Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, um sie zu
heiligen, sie reinigend durch das Wasserbad im Wort, damit er die Gemeinde sich
selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas
dergleichen habe, sondern dass sie heilig und tadellos sei. So sind auch die
Männer schuldig, ihre Frauen zu lieben wie ihre eigenen Leiber. Wer seine Frau
liebt, liebt sich selbst. Denn niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst,
sondern er nährt und pflegt es, wie auch der Christus die Gemeinde. Denn wir
sind Glieder seines Leibes. „Deswegen wird ein Mensch Vater und Mutter
verlassen und seiner Frau anhängen, und die Zwei werden ein Fleisch sein.
Dieses Geheimnis ist groß, ich aber deute es auf Christus und die Gemeinde.
Jedenfalls auch ihr – jeder von euch liebe seine Frau so wie sich selbst; die
Frau aber, dass sie Ehrfurcht vor dem Mann habe«.
Bausteine einer christlichen Ehe
Wenn wir einmal die Verben dieses
Abschnitts herausgreifen – die Tätigkeitsworte sagen ja am meisten aus –, dann
erhalten wir sieben Bausteine für das gemeinsame eheliche Haus. Allerdings
verändern wir die Reihenfolge.
Erster Baustein: VERLASSEN (Vers 31)
Paulus zitiert in seinem Brief an die
Epheser von den ersten Blättern der Bibel. In 1. Mose 2,24 finden wir Gottes
Grundordnung für das eheliche Miteinander: »Deswegen
wird ein Mann Vater und Mutter verlassen
und seiner Frau anhängen ...«
Eine der wichtigsten Voraussetzungen
für eine harmonische Ehe ist das wirkliche Verlassen des Elternhauses,
besonders der Mutter. Selbstverständlich ist hier ein Verlassen im guten Sinn gemeint.
Der angehende Ehemann hat unter Umständen 20 oder 25 Jahre überwiegend in
seinem Elternhaus gelebt. Manche lebten gar im »Hotel Mama«. Doch nun muss ein
geistiger und emotionaler Schnitt gemacht werden. Der Mann hat eine Frau kennen
gelernt, mit der er sein Leben teilen möchte. Vater oder Mutter können nun
nicht mehr seine ersten Bezugsadressen sein. Fortan wird er auf der
menschlichen Ebene alles zuerst mit seiner Frau besprechen. Natürlich sollen
Verheiratete weiterhin ihre Eltern lieben und ehren. Aber die eheliche
Intimität muss Vorrang vor der Beziehung zu Vater und Mutter bekommen. Wenn
diese Loslösung nicht geschieht, sind Probleme vorprogrammiert.
Mit wem bist du verheiratet?
Ein Mann um die 35 heiratete eines
Tages und bezog mit seiner jungen Frau eine separate Wohnung. Da seine Mutter
in derselben Stadt wohnte, ging er mittags zum Essen immer zur Mama, obwohl
seine Ehefrau nicht berufstätig war. Vielleicht konnte sie noch nicht so gut
kochen und brachte noch manches »Brandopfer« auf dem Herd. Aber eines Tages
stellte sie ihren Mann in die Entscheidung: »Sag mal, mit wem bist du
eigentlich verheiratet, mit deiner Mutter oder mit mir«? Diese verbale
Zuspitzung war heilsam. Der Ehemann sah sein falsches Verhalten ein und aß
fortan bei seiner Frau zu Mittag.
Wenn die Bibel von »Verlassen«
spricht, dann ist das auf der anderen Seite auch ein Wort an uns Eltern: Wir
müssen unsere Kinder loslassen, vor allem müssen die Mütter ihre Söhne
loslassen! Wenn das nicht geschieht, wenn eine zu starke Mutterbindung vorliegt,
kann es sein, dass der Mann nicht zu einer Ehe-Beziehung fähig wird. Bei einem gewissen
Teil der männlichen Junggesellen liegt vielleicht hier der Grund für ihr Nichtverheiratet-Sein.
Also, wollen wir diese biblische
Wahrheit verstehen: Ehe beginnt mit einem tatsächlichen Verlassen des
Elternhauses. Andernfalls sind erhebliche Probleme vorprogrammiert, vor allem
dann, wenn das junge Ehepaar mit Eltern oder Schwiegereltern im selben Haus
wohnt.
Zweiter Baustein: ANHÄNGEN
(Vers 31)
»Deswegen
wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhängen ...«
Das Alte Testament ist ursprünglich
in hebräischer Sprache geschrieben worden. Das hebräische Wort »dabak«, das hier für »Anhängen« steht, ist ein Begriff, den
wir eigentlich mit »zusammenlöten« übersetzen müssten.[1] Dieser
Ausdruck ruft bei unseren Ehe-Vorträgen regelmäßig ein Schmunzeln hervor. Doch
Gott wählte diesen Begriff mit Bedacht. Löten war die denkbar festeste
Verbindung des Altertums. Damals kannte man ja noch kein Schweißen. Zwei
Metalle wurden erhitzt und so miteinander verschmolzen, dass sie nicht mehr
auseinander reißen konnten. Hier ist das Ehe-Konzept des Schöpfers! Ehe ist
eine lebenslange Treuebindung zwischen Mann und Frau. Ehe bedeutet verbunden zu
sein, bis der Tod die Partner scheidet (Matthäus 19, 6; Römer 7, 2-3).
Wann beginnt die Ehe?
Natürlich kommt an der Stelle die
Frage auf, wann eine Ehe entsteht. Wann wird »zusammengelötet«? Im Augenblick
des Verliebens? Mit dem ersten Kuss? Im Augenblick der gegenseitigen
Liebeserklärung? Mit einem stillen Treueversprechen auf einer einsamen
Berghütte? Mit dem ersten Geschlechtsverkehr? Vor dem Traualtar einer Kirche
oder Gemeinde? Oder doch vor dem Standesamt?
Die Heilige Schrift lehrt das Konzept
der öffentlich-rechtlichen Eheschließung. Ehe hat nicht nur eine persönliche
Dimension, sondern auch eine gesellschaftlich rechtliche. Zwei verbinden sich
miteinander vor der Instanz, die in der jeweiligen Kultur dafür zuständig ist,
und ihr Schritt wird öffentlich bekannt gegeben. Das bedeutet, diese beiden sind
jetzt verbunden, und da kann kein Dritter mehr hinein.
Die Ehe ist nicht spezifisch
christlich, sondern Gottes Ordnung für alle Völker. Interessanterweise kennen
fast alle Kulturen auf dem Erdboden das Konzept der öffentlich-rechtlichen
Eheschließung. Natürlich läuft das in einem Stamm Zentralafrikas anders ab als
bei uns. Dort geht ein Brautpaar zum Dorfhäuptling, der ruft dreimal »Hula,
Hula« – und dann sind die beiden
verheiratet. In unserer westlichen Kultur ist dafür das Standesamt zuständig.
Dort wird vor der Instanz der Obrigkeit und vor weiteren Zeugen ein Ehevertrag
geschlossen. Darum sprechen wir in diesem Zusammenhang von der rechtlichen Seite
der Ehe. Es gibt ja in dieser Welt scheinbar nichts, was es nicht gibt.
Angenommen, dem frisch verheiraten Ehemann würde etwas zustoßen, dann würde
seine junge Ehefrau ihr Leben lang eine Witwenrente beziehen. Nicht wegen des
Versprechens auf der Berghütte, sondern wegen des standesamtlichen Ehevertrags!
Damit mich niemand missversteht: Selbstverständlich
wird jedes gläubige Paar den Wunsch haben, möglichst bald nach der
standesamtlichen Trauung in der christlichen Gemeinde um Gottes Segen für den
gemeinsamen Weg zu bitten. Denn der Ehevertrag allein garantiert ja noch keine
glückliche Ehe.
Die folgerichtige Konsequenz
Es geht hier nicht um Formalitäten,
sondern um ein tiefes Verstehen und Bejahen der guten Gedanken Gottes. Wenn Ehe
»zusammengelötet sein« bedeutet, dann hat dieses Konzept eine gewaltige
Konsequenz: Scheidung kommt überhaupt nicht in Frage!
Als wir Mitte der 80er Jahre
geheiratet hatten, wohnten wir eine Zeit lang in Karlsruhe. Unser erstes
Ehejahr war zugleich das schwerste. Sylvia hatte ihre Kärntner Heimat und ihren
Beruf als Lehrerin aufgegeben und war zu mir ins Badische gezogen. Ich war
damals junger Prediger der Liebenzeller Mission und als solcher dienstlich
stark eingespannt. In manchen Monaten blieben nur ein oder zwei freie Abende
übrig. Diese Rahmenbedingungen – und andere Versäumnisse von meiner Seite – taten
unserer jungen Ehe nicht gut. Und so kam es, dass Sylvia ganz und gar nicht
glücklich war. Als sie mir das mitgeteilt hatte, unternahmen wir einen langen
Spaziergang im Karlsruher Schlosspark. Nachdem wir ausgiebig über alles gesprochen
hatten, sagte ich sinngemäß Folgendes: »Herzele (das ist unser Kosename), wir
haben zwar jetzt einige ernste Anfangsschwierigkeiten, aber wir haben vor Gott
und Menschen versprochen, zusammenzubleiben, bis dass der Tod uns scheidet.
Wenn es Nöte in unserer Ehe gibt, dann wollen wir auf die Knie gehen und
ernstlich um Gottes Hilfe flehen. Wir wollen auch nicht zu stolz sein,
Eheberatung in Anspruch zu nehmen. Wir wollen gemeinsam alles tun, um diese
Krise zu überwinden. Und noch etwas. Scheidung kommt überhaupt nicht in Frage.
Wir wollen weder in Gedanken damit spielen, noch das Wort im Munde führen. Es
gibt für uns beide nur die Flucht nach vorn«. Gerade dieser Ausdruck »Flucht
nach vorn« wurde fortan zu einem geflügelten Wort für uns.
»Anhängen« bzw. »angelötet werden«
bedeutet eine lebenslange Treueverbindung zwischen Mann und Frau. Wer Gottes
Gedanken zur Ehe verstanden hat und bestrebt ist, sie in seinem Leben
umzusetzen, der wird bereit sein, an seiner Beziehung zu arbeiten.
Dritter Baustein: EIN FLEISCH
WERDEN (Vers 31)
»Deswegen
wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und sie
werden zu einem Fleisch werden«.
Hier haben wir das Geheimnis einer
schönen Ehe: Die beiden bleiben ein Leben lang zwei völlig unterschiedliche
Persönlichkeiten und wachsen doch auf eine wundersame Weise zu einer Einheit
zusammen. Man kennt sich immer besser. Jeder weiß genau, was der andere denkt,
fühlt oder wünscht. Es entsteht Vertrautheit, Intimität.
Man sagt, dass sich ältere Ehepaare,
wenn sie sich gut verstehen, oft bis in die Gesichtszüge hinein ähnlich
geworden sind. Vielleicht müssen wir an dieser Stelle vorsichtig sein, denn das
Gleiche behaupten manche Hundebesitzer von sich und ihren Hunden auch (und
manchen würde man es glatt glauben). »Ein Fleisch werden« ist auf jeden Fall
ein lebenslanger Prozess. Und wenn Gott Kinder schenkt, dann sind sie der
sichtbare Ausdruck dieser genetischen Verschmelzung von Mann und Frau –
buchstäblich »ein Fleisch«.
Vierter Baustein: LIEBEN
(Vers 25)
»Ihr
Männer, liebt eure Frauen, wie auch
der Christus die Gemeinde geliebt ... hat«.
Wenn wir einen Blick in die
Geschichte werfen, so werden wir etwas Interessantes feststellen: Nirgendwo
gibt es in der antiken Literatur eine Stelle, wo Männer ermahnt werden, ihre
Frauen zu lieben. Dieser Bibeltext war also auch damals schon eine Provokation.
Aber das Wort »Provokation« bedeutet ja wörtlich, dass man nach vorne gerufen
wird, herausgefordert wird zu etwas Neuem. Wahrscheinlich müssen wir Männer in
diesem Zusammenhang wirklich nach vorne gerufen werden.
Was ist Liebe?
Die große Boulevardzeitschrift mit
den vier Buchstaben druckte über einen längeren Zeitraum eine Cartoonserie ab
unter der Überschrift »Liebe ist …«. Was ist Liebe? Darüber zerbrechen sich
Dichter und Denker gleichermaßen den Kopf.
Wenn in den Medien das Wort »Liebe«
auftaucht, handelt es sich in den meisten Fällen um »Verliebtheit«.
Verliebtheit ist ein wunderschönes Gefühl, das über einen kommen kann wie ein
Naturereignis. Wenn man verliebt ist, dann hängt der Himmel voller Geigen. Man
sieht alles rosarot, und es kribbelt es in der Magengegend. Es genügt, an den
anderen zu denken, seine Stimme zu hören oder ihn zu sehen. Verliebtheit
beginnt oft mit den Augen. Auch bei Sylvia und mir war es »Verliebtheit« auf
den ersten Blick.
Doch Liebe ist mehr. Die Bibel
zeichnet ein ganz anderes Bild von Liebe, als es unsere Gesellschaft tut. »Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch der Christus die Gemeinde geliebt ...
hat«. Manche Männer versprechen ihren »Angebeteten« vor der Hochzeit, ihnen
die Sterne vom Himmel zu holen. Ein paar Jahre später sind sie zu faul, die
Getränke aus dem Keller zu holen. Zuerst glaubt jede
Frau den Beteuerungen eines Mannes, dass er ihr jeden Wunsch von den Augen
ablesen wolle – und in der Ehe merkt sie dann, dass sie einen Analphabeten
geheiratet hat.
Das ist doch keine echte, biblische
Liebe. Echte Liebe ist willentliche Liebe. Das heißt grundsätzlich: Wer will,
kann lieben. Und echte Liebe ist hingebende Liebe. Lieben heißt also, einem anderen
das zu geben, was er wirklich braucht, ohne dabei irgendeine zeitliche
Belohnung zu erwarten. Der himmlische Vater wird einmal jede Liebestat, die aus
reinen Motiven geschah, reichlich vergelten (1. Korinther 4, 5). Echte Liebe
ist mit Einsatz und Opfern verbunden.
Ernst G. Maier, einer der
Mitbegründer der »Konferenz für Gemeindegründung« (KfG), beschrieb einmal sehr
treffend, was echte Liebe ist:
Kennzeichen echter Liebe
1. Echte Liebe ist aufopfernd.
2. Echte Liebe erzeugt Respekt und
Achtung.
3. Echte Liebe ist nicht nur »körperliche
Anziehung« (Erotik).
4. Echte Liebe wächst auch ohne
ständige körperliche Berührung.
5. Echte Liebe versucht, eine
Beziehung aufzubauen.
6. Echte Liebe übernimmt
Verantwortung für die andere Person.
7. Echte Liebe kann warten. Jakob
diente sieben Jahre um Rahel.
8. Echte Liebe ist eine
Verpflichtung, eine Bindung fürs ganze Leben.
9. Echte Liebe ist eine geistliche
Gemeinschaft.
10. Echte Liebe ist ein Abbild der
Liebe Christi.[2]
Vielleicht können wir Verheirateten
an dieser Stelle einmal innehalten. Lieben wir uns noch? Oder sind wir einander
Liebe schuldig geblieben? Haben wir einander verletzt und wehgetan? Dann
brauchen wir Vergebung. Wenn Menschen heiraten – auch wenn es Christen sind –,
dann sind das nicht
Wir Männer sollen lieben
Paulus ruft an dieser Stelle uns
Männer nach vorne. Dreimal fordert er uns in Epheser 5 auf, unsere Ehefrauen zu
lieben: Vers 25, Vers 28 und Vers 33. Wenn Paulus die Eheleute getrennt
anspricht, so spricht er ihre ganz persönlichen Schwachstellen an. Der Mann
erhält den Auftrag, seine Frau zu lieben. Im Unterschied zur Frau, muss ihm das
gesagt werden. In seiner Sachorientierung neigt der Mann manchmal dazu, seine
Frau wie eine Sache zu behandeln. So ist zum Beispiel sein Reden oft genug nur
sachliche Information und keine persönliche Selbstoffenbarung. Er renoviert für
die Familie das Haus und merkt dabei nicht, wie die Beziehung zu seiner Frau
abbröckelt. Paulus ruft darum den Mann zur Liebe auf.
Vor einigen Jahren wurde mir einmal
schmerzlich bewusst, dass ich meine Sylvia nicht in der Weise geliebt hatte,
wie Paulus es in Epheser 5 beschrieben hat. Da notierte ich mir folgende Sätze
auf meinem Gebetsblatt, die ich seither immer wieder vor den Herrn bringe: »Herr,
ich danke dir für meine Sylvia. Bitte schenke
uns liebevolles Reden und Umgehen miteinander. Lass mich heute Wertschätzung,
Anerkennung, Lob und Ermutigung ausdrücken. Bewahre mich bitte vor unnötiger
Kritik – wenn dann in Liebe. Lass mich ihr in Zeiten der Krankheit und Schwac
Fünfter Baustein: NÄHREN (Vers 29)
»Denn
niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es, wie auch der
Christus die Gemeinde«.
Nähren vollzieht sich in drei
Bereichen: Physisch – im Sinne von Ernähren.
Solange ein Mann gesund ist und einen Arbeitsplatz hat, sollte er
selbstverständlich seine Familie ernähren. Dann aber auch seelisch – im Sinne von liebevoller Kommunikation (darauf gehen wir
in Kapitel 4 ein) und geistlich –
d.h. durch Austausch, Gebet, Familienandacht etc. Letzteres ist natürlich nur
dann möglich, wenn beide Ehepartner Christen sind oder wenn der nichtgläubige
Teil es akzeptiert.
Wir wollen diesen Gedanken noch
vertiefen. In Vers 26-27 schreibt der Apostel: »… um sie zu heiligen, sie
reinigend durch das Wasserbad im Wort, damit er die Gemeinde sich selbst
verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen
habe, sondern dass sie heilig und tadellos sei«.
In dem gesamten Abschnitt vergleicht
Paulus das Wirken Christi für seine Gemeinde mit dem Handeln des Ehemannes für
seine Frau: Der Herr Jesus hat sich für die Gemeinde dahingegeben – der Ehemann
soll es für seine Frau tun. Christus heiligt und reinigt seine Gemeinde durch
die Kraft seines Wortes – dem Ehemann soll die Heiligung, das schrittweise
Umgestaltetwerden seiner Frau in das Bild Christi, ebenfalls am Herzen liegen. Wir
Ehemänner haben eine Mitverantwortung für das geistliche Wachstum unserer
Liebsten. Heiligung geschieht zuerst und vor allen Dingen durch das kraftvolle
Wort Gottes. Darum bedeutet »nähren«:
- regelmäßig mit ihr in der Bibel
lesen und darüber austauschen
- dafür sorgen, dass sie ihre
tägliche Zeit der Gemeinschaft mit dem Herrn haben kann
- mit ihr zusammen regelmäßig und
treu die Gemeindeveranstaltungen besuchen, in denen sie
unter der Wirkung des Wortes sein kann
- dafür Sorge tragen, dass sie gute
Bücher, Kassetten und CDs zur Verfügung hat
- und oft über geistliche Inhalte mit
ihr sprechen.
Martin Luther konnte das Geheimnis
einer Ehe in zwei Sätzen zusammenfassen: »Die Frau sorge dafür, dass ihr Mann
gerne heimkommt. Der Mann sorge dafür, dass es ihr Leid tut, wenn er geht«.
Ehemänner, die es verstehen, ihre Frauen zu nähren, werden dafür sorgen, dass
dieselben sie nur ungern gehen lassen.
Sechster Baustein: PFLEGEN
(Vers 29)
»...er
nährt und pflegt es, wie auch der
Christus die Gemeinde«.
Wie man ein Auto oder ein Motorrad
pflegt, das wissen wir Männer. Aber wie pflegt man seine Frau?
Ich lernte einmal ein gravierendes
Beispiel dafür kennen, wie ein Mann seine Frau nicht gepflegt hat. Vielleicht
kann uns daran etwas deutlich werden. Da saß mir ein Mittvierziger gegenüber
und erzählte, dass seine Frau in den ersten fünf Ehejahren vier Kinder zur Welt
gebracht hatte. Wegen des Platzmangels hatten sie in dieser Zeit das Haus
vergrößert, und weil ein Verdienst
dafür nicht ausreichte, musste jede freie Minute in landwirtschaftlichen
Nebenerwerb gesteckt werden. Das Ergebnis war, dass die Frau in die Psychiatrie
musste und mir selbst unter Tränen erzählte, dass sie einen Knacks fürs Leben
davongetragen hatte. Hier fehlte mit Sicherheit das Pflegen, wahrscheinlich aber
auch das Lieben und Nähren.
Pflegen heißt Investieren
Pflegen meint gewiss nicht nur den
körperlichen Bereich, dass der Mann seine Frau vor Überforderung schützt,
sondern auch den emotional-geistlichen Bereich. Die Beziehung zwischen Mann und
Frau ist so etwas Zartes, Zerbrechliches – da muss gepflegt, das heißt
investiert werden. Wir Männer verfallen immer wieder in denselben Denkfehler.
Wir meinen, wenn wir die Eheschließung unter Dach und Fach haben, dann läuft
uns die Frau nicht mehr weg – also können wir uns wieder den wichtigen Dingen
des Lebens (wie Beruf oder Gemeindearbeit) zuwenden.
So geht das aber nicht. Eine Ehe muss
gepflegt werden! Eine Frau wartet auf ein liebes Wort, eine liebe schriftliche
Anerkennung oder Ermutigung, oder mal eine Liebeserklärung, ein paar Blümchen
zwischendurch, und vielleicht ab und zu mal eine schöne Überraschung. Pflegen
heißt, etwas investieren und Wertschätzung ausdrücken. Auf diese Weise wird das
Feuer der romantischen Liebe am Brennen gehalten.
Einer der Schlüssel dazu ist die
Haltung von uns Männern, auch in der Ehe niemals aufzuhören, um unsere Frauen
zu werben. Eine Frau möchte höflich und zuvorkommend behandelt werden; sie
freut sich, wenn ihr beim Einsteigen die Autotür aufgehalten wird. Der
Volksmund sagt: »Wenn ein Mann einer Frau die Türe aufhält, ist entweder das
Auto neu oder die Frau«. Solche törichten Sprüche sollten wir Ehemänner durch
unser ritterliches Verhalten widerlegen.
Auf einer schönen Karte, die ich von
meiner Frau erhielt, standen folgende bedenkenswerten Sätze: »Ein liebes Wort
tut unserer Gemeinschaft sicher gut, denn das Leben rollt manchmal etwas zu
schnell über uns hinweg. Wir nehmen uns zu wenig Zeit füreinander – für ein
gutes Gespräch, für eine herzliche Umarmung, für die kleinen Zeichen im Alltag,
die sagen: Ich bin noch immer glücklich mit Dir. Mit diesen Zeilen möchte ich
den Anfang machen. Ich lebe gern an Deiner Seite und empfinde jeden neuen Tag
mit Dir als ein Geschenk. Manchmal sehne ich mich nach einem lieben Wort, einer
Bestätigung von Dir. Eine zärtliche Geste tut unserer Gemeinschaft sicher gut.
Ich liebe Dich. Deine Sylvia«.
Jemand hat gesagt: »Die Liebe kommt
oft unbemerkt, aber man spürt deutlich, wenn sie geht«. Wenn die Liebe in Ihrer Ehe gewichen ist, lieber Leser, dann haben
Sie die Beziehung nicht genug gepflegt! Darum sollten wir Männer nicht
vergessen, dass Frauen wie Orchideen sind: zart, empfindsam und dankbar bei
guter Pflege.
Siebter Baustein: SICH UNTERORDEN (Vers 22)
»Ordnet euch einander unter in der
Furcht Christi, die Frauen den eigenen Männern als dem Herrn«!
Warum nennen wir diesen Punkt erst an
siebter Stelle, obwohl ihn Paulus doch an erster Stelle anführt? Glauben Sie
wirklich, dass es einer Frau schwer fallen wird, sich ihrem Mann zu
unterstellen, wenn sie von ihm geliebt, genährt und gepflegt wird? Und das muss
gar nicht in Perfektion sein. Jede Frau weiß, dass wir Männer nicht so lieben
können, wie Christus die Gemeinde geliebt hat. Aber wenn sie nur etwas von
dieser Bereitschaft und Gesinnung sieht, dann ist sie oft schon zufrieden (was
nicht heißen soll, dass wir Minimalisten sein sollen). Sieht man etwas davon
bei uns? Wenn nicht, dann lassen Sie uns Buße tun!
Manch einer Frau fällt es eben doch
schwer, sich ihrem Ehemann unterzuordnen. Dafür kann es viele Gründe geben: Er
ist so unvollkommen; er übernimmt überhaupt keine Führung etc. Aber gibt es
einen einzigen biblischen Grund? Ich habe bisher noch keinen entdeckt.
Folgendes Bild könnte Ihnen als Frau helfen, das Gebot der Schrift zu erfüllen:
Ein Polizist trägt im Dienst eine Uniform. Wenn ein Beamter sie bei einer
Fahrzeugkontrolle anhält, ist es nicht erheblich, ob er glatt rasiert ist oder
ob seine Schuhe sauber geputzt sind. Selbst wenn er einen Sprachfehler hätte,
müssten Sie dennoch seinen Anweisungen Folge leisten. Seine Uniform gibt ihm
Autorität, nicht wahr?
So ähnlich verhält es sich auch mit
der Unterordnung unter Ihren Gatten. Vielleicht ist ihm die Uniform der
Leiterschaft Ihrer Ehe noch viel zu groß. Das mag sein. Dann schauen Sie bitte
nicht auf seine Unzulänglichkeiten, sondern nur auf seine »Uniform«. Gott hat
Ihrem Ehemann Autorität zu einer liebevollen Führung Ihrer Ehe verliehen (1. Korinther
11, 3). Ordnen Sie sich darum Ihrem Mann grundsätzlich unter – es sei denn, er
würde von Ihnen sündige Dinge verlangen (Apostelgeschichte 5, 29).
Praktische Unterordnung
Die Haltung der grundsätzlichen
Unterordnung einer Frau unter ihren Ehemann hat nichts mit Duckmäuserei zu tun.
Meine Frau sagt mir sehr wohl, wie sie über eine Angelegenheit denkt, und wenn
sie es nicht tut, dann frage ich sie danach. Angenommen, wir haben eine
wichtige Ehe- oder Familienfrage zu entscheiden und sind uns nicht auf Anhieb
einig, dann sagt mir Sylvia ihre Meinung und fügt hinzu: »Jetzt weißt du, wie
ich denke; ich werde für dich beten, dass du den richtigen Weg wählst«. Geistliche
Leiterschaft des Mannes bedeutet, dass der Ehemann in allen Entscheidungen die
letzte Verantwortung vor Gott trägt.
Die Kraft zu lieben
Bei uns Ehemännern liegt also die
Hauptverantwortung für eine glückliche Ehe. Von den sieben Bausteinen, die der
Apostel Paulus hier nennt, haben wir die meisten zu legen: Lieben, nähren,
pflegen, wertschätzen, investieren, opfern, hingeben, bereit sein zu sterben –
so wie Christus es für uns tat.
Haben Sie schon erkannt, wie schwer
es sein kann, einen Menschen wirklich zu lieben? Unsere Herzen sind so arm an
Liebe. Wie egozentrisch können wir sein! Und doch fordert uns die Heilige
Schrift auf zu lieben. Wir sollen zuerst und vor allen Dingen Gott lieben (Matthäus
22, 37), wir sollen den Nächsten lieben (Matthäus 22, 39) und wir Ehemänner
sollen unsere Ehefrauen lieben (Epheser 5, 25).
Es gibt einen biblischen Grundsatz:
Gott fordert niemals etwas von uns, ohne uns die dazugehörige Kraft zu geben,
sonst wäre das Evangelium auf dem gleichen Niveau wie eine menschliche
Morallehre. Zu Beginn von Epheser 5 lesen wir:
»Seid nun Nachahmer Gottes als geliebte Kinder! Und wandelt in der
Liebe, wie auch der Christus euch geliebt und sich selbst für uns hingegeben
hat …« (Epheser 5, 1-2). Als Geliebte sollen wir lieben. Mit anderen Worten:
Wer sich von Jesus Christus mit ewiger Liebe geliebt weiß, der kann diese Liebe
an andere Menschen weitergeben – zuerst an seinen Ehepartner.
Der Apostel nennt noch eine zweite
Kraftquelle: »Und berauscht euch nicht mit Wein, …, sondern werdet voll Geistes …« (Epheser 5, 18).
Christen sind mit dem Heiligen Geist beschenkt und versiegelt. Wenn der Geist
in uns Raum hat, wirkt er als erste Frucht die Liebe (Galater 5, 22).
Sind Sie, lieber Ehemann, bereit,
Ihre Frau zu lieben? Wenn ja, wird sie sich Ihnen gerne unterstellen, und es
wird ihr leicht fallen, Sie zu ehren. Und Sie, liebe Ehefrau, ordnen Sie sich
Ihrem Mann unter? Überlassen Sie doch ihm die Führung Ihrer Ehe und Familie.
Und wenn Sie geistlicher sind als er, dann beweisen Sie Ihre Geistlichkeit,
indem Sie sich ihm dennoch unterstellen und ihm helfen, die Führung
schrittweise zu übernehmen.
Das Netz
In einem italienischen Fischerdorf
hatte eine junge Fischerfrau während der langen Abwesenheit ihres Mannes die
Ehe gebrochen und sollte nach geltendem Recht vom Felsen herabgestürzt werden. Am
Abend vor der Hinrichtung kam der betrogene Ehemann unverhofft vom Fischfang
zurück und hörte, was geschehen war. Er bat die Dorfrichter um Erbarmen. Aber
die blieben hart und wollten ein Exempel statuieren.
Am nächsten Morgen hatte sich bei
Sonnenaufgang die gesamte Bevölkerung am Abgrund versammelt. Das Urteil wurde
verlesen und dann gab der Henker der gefesselten Frau einen Stoß – und sie
stürzte den Abhang hinab. Doch der Schrei, der sonst immer ertönte, blieb aus.
Der betrogene Ehemann, der seine Frau dennoch liebte, hatte in der Nacht alle
Fischernetze, die er finden konnte, zusammengeknüpft und unterhalb des Felsens
ein großes Netz gespannt. Er hatte sein Leben riskiert, um das Leben seiner
Frau zu retten. Als das die Dorfrichter sahen, schenkten sie ihm seine Frau.[3]
Diese Geschichte verdeutlicht in
großartiger Weise, was vor 2000 Jahren auf dem Hügel Golgatha geschah. Was immer
auch in ihrer Ehe vorgefallen sein mag, Gott hat das Netz seiner Gnade
gespannt. Vielleicht müssen Sie nach diesem Kapitel ehrlich in Ihrem Herzen
sagen: »Ich habe vieles falsch gemacht. Das ganze Gebiet von Partnerwahl,
Sexualität, Ehe und Familie war von Anfang an nicht unter Gottes Regie«. Doch
wir müssen nicht am Felsen unserer Schuld zerstellen. »Denn bei dem Herrn ist
die Gnade, und viel Erlösung bei ihm« (Psalm 130, 7).
[1] Die Grundform »dabak« steht in der 3. Person Maskulinum, Singular, im Modus Qal und wird allgemein mit »ankleben, anhangen, haften bleiben« wiedergegeben.
[2] Ernst G. Maier: Freundschaft, Liebe, Partnerwahl, Bibl. Missionsdienst Gammertingen, S. 32
[3] Frei nach Werner Bergengrün: Das Netz, Verlag nicht bekannt.