2. Chronik 17, 6: „Und da sein Herz
mutig ward in den Wegen des Herrn, tat er fürder ab die Höhen und Ascherabilder aus Juda.“
Die
ganze Woche hindurch hat mim dieser wundervolle Satz begleitet: „Sein Herz ward
mutig in den Wegen des Herrn.“
Nun
blätterte ich am Samstagmorgen die Zeitungen durch. Da fand ich ein Bild vom
neuen Ruhrschnellweg Essen-Bochum. Mir fiel ein, wie manches Mal ich auf dem
alten Ruhrschnellweg fast verzweifelt bin, wenn ich gar nicht weiterkam. Bald hing
ich hinter einem LKW, bald hinter einer Gemüsekarre fest. Und ein Strom von
Wagen kam mir entgegen, dass ich nicht überholen konnte.
Und
nun dies Bild in der Zeitung! „Freie Fahrt!“ stand darunter. Man sah vier
breite Fahrbahnen, auf denen es herrlich vorwärts geht.
Das
wurde mir ein Bild für das Christenleben. Es gibt so viele Christen, die
machen's wie die Autofahrer auf dem alten Ruhrschnellweg. Sie machen zuweilen
kleine Ansätze, aber wirklich vorwärts kommen sie nicht. Bald sind es
Verhältnisse, bald Menschen, dann Lieblingssünden, dann Zweifel, die sie
aufhalten.
„Sein
Herz ward mutig in den Wegen des Herrn.“ Das hieß: „Freie Fahrt!“ Sollte es bei
uns nicht auch einmal dahin kommen?
Es
sind keine großen Gedanken, die ich heute vorlegen will. Es ist die ganz
einfache Geschichte eines rechten Christen.
1) Am Anfang steht ein fester Entschluss
Im
Sommer hatte ich mit meinen Mitarbeitern eine Freizeit in Urach. Eines Tages
waren wir im Schwimmbad. Dort wurde unsre Aufmerksamkeit auf einen Vater
gelenkt, der seinem Sohn das Springen beibringen wollte. Der Junge stand auf dem
Sprungbrett. Bald ging er entschlossen nach vorn. Doch wenn er den
Wasserspiegel sah, schreckte er zurück.
Der
Vater redete ihm zu. Vergeblich! Bald waren alle meine erfahrenen Leiter um das
Sprungbrett versammelt und halfen mit. Der eine machte vor, wie einfach so ein
Sprung sei. Andere redeten dem Jungen zu. Es war trostlos, wie oft der Junge mutig
nach vorn schritt und dann doch im letzten Augenblick alles aufgab.
Am
Abend zogen die 50 Mitarbeiter durch die Straßen und sangen ein Lied, in dem es
heißt: „Wag es mit Jesus!“ Da fiel mir der Junge ein. Stehen nicht viele von
uns so vor dem letzten Schritt einer Übergabe an den Herrn Jesus? Man hat seinen
Ruf gehört. Man weiß: Ich sollte mich in seine Arme werfen und alle Bedenken dahinten
lassen. – Aber dann kommt's doch nicht dazu. Warum nicht?
Der
junge König Josaphat, von dem unsre Kurzgeschichte berichtet, hatte diesen
Schritt gewagt. Er hatte sich entschlossen, den Weg des Herrn zu gehen. Was für
eine heilige Stunde im Leben dieses jungen Mannes mag das gewesen sein!
Ich
habe eine Vermutung darüber, was ihm wohl den letzten Anstoß zu diesem heiligen
Entschluss gab. Seinen Namen „Josaphat“ kann man übersetzen „Gott gibt
Gerechtigkeit“. Das ist ja die herrliche Botschaft des Neuen Testaments! Mein Gewissen
sagt mir: Ich kann mit all meinen Sünden nicht vor Gott bestehen. Aber der Sohn
Gottes ist für mich gestorben und hat das Gericht über meine Schuld auf sich
genommen. Nun darf ich meine Schuld bei Jesus lassen und im Glauben seine
Gerechtigkeit vor Gott mir aneignen. Gott hat mir Gerechtigkeit geschenkt, die
vor ihm gilt! So jubelt der Römerbrief. Und so jubelt der Name des jungen
Königs Josaphat: Gott schenkt Gerechtigkeit, die mich vor ihm bestehen lässt.
Josaphat
entschloss sich, auf den „Weg des Herrn“ zu treten – für ein ganzes Leben.
Nichts überwindet unser Herz so wie die Botschaft: „Gott will all deine Schuld
in des Meeres Tiefe werfen. In Jesus bietet er uns volle Gnade, Vergebung und Versöhnung
an.“ Wenn ein Gewissen das richtig hört, dann heißt es: „Sollt ich dem nicht
angehören, / der sein Leben für mich gab …!“
So
etwa mag es bei Josaphat gewesen sein. O ihr Hörer vieler Predigten! Wann wollt
ihr es machen wie Josaphat und endlich einen Entschluss fassen, auf den euer
Erlöser schon so lange wartet?
2) Ein Herz, das Mut gewinnt
„Und
da sein Herz mutig ward in den Wegen des Herrn …“ Als ich das las, fiel mir
unwillkürlich ein, wie eines meiner Kinder das Laufen lernte. „Jetzt wird's
endlich Zeit!“ sagte die Mutter energisch und stellte das Kind auf die Füße.
Aber das hatte kein Vertrauen zu dieser Unternehmung und setzte sich auf den
Boden.
Und
dann – eines Tages – da probierte es aufs Neue. Und siehe – es ging! Da wurde
es mutig in seinen Wegen, als es merkte: Es geht ja!
So
war es bei Josaphat. Zuerst war er sehr ängstlich. Konnte man es wirklich „wagen
mit Jesus“? Er versuchte es. Und siehe – es ging! Da gewann er „Mut in den
Wegen des Herrn“.
Man
muss in den Wegen des Herrn laufen lernen, um Mut zu gewinnen.
Und
nun frage ich euch: War mein Beispiel von dem Kind, das laufen lernt, richtig?
Nein! Jedenfalls nicht ganz richtig. Wenn ein Kind laufen lernt, dann stehen da
Vater und Mutter und Geschwister. Und sie loben es und freuen sich. Wenn aber ein
junges Herz sich entschließt, auf den Wegen des Herrn zu gehen, dann ist es
meist sehr anders. Dann regt sich alles auf und sagt: „Der Mensch ist überspannt!“
Und das eben macht die Sache so schwer.
Kennt
ihr die Geschichte von den Gänsen, die Kierkegaard erzählt? Auf einem Gänsehof
putzten sich jeden Sonntag die Gänse und watschelten auf einen benachbarten
Hof, wo ein Gänserich predigte: „Wir Gänse sind zur Sonne berufen!“ Eines Tages
sah man einen jungen Gänserich, der zu fliegen versuchte. „Was machst du?“
fragte die entsetzte Verwandtschaft. „Wir sind doch zur Sonne berufen“,
erwiderte der junge Gänserich. Da waren die Verwandten bestürzt und sagten: ,,O
Gott! Er ist verrückt! Er nimmt es ja ernst!“
Ist
es nicht so in unserer heutigen Christenheit? Nun, Josaphat versuchte die
ersten Schritte. Und dann entdeckte er: Die „Gänse“ umher finden sich langsam
damit ab. Und wenn ich auf den Herrn sehe, dann gelingt es ja! Und sogar der
Teufel muss schweigen, solange ich im Glauben auf den Herrn sehe. Da „wurde
sein Herz mutig in den Wegen des Herrn“.
Als
er soweit war, tat er etwas, was uns sehr schwer fällt. Er bekannte seinen
Glauben vor aller Welt. „Er tat ab die Ascherabilder.“
Das war ein so öffentlicher Akt, dass Josaphat damit bekannte: „Es wisse, wer
es wissen kann: / Ich bin des Heilands Untertan.“ Jesus sagt: „Wer mich bekennt
vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater.“
3) Radikale Konsequenzen
„Sein
Herz ward mutig in den Wegen des Herrn, und er tat ab die Ascherabilder.“
Das waren die Götzen, die Gottes Volk von den Heiden ringsum übernommen hatte.
Es mag mancher ein saures Gesicht gezogen haben, als dies Werk der Reinigung
begann. Und doch – es war ein frohes Werk als es hieß: „Volk Gottes! Wirf
hinaus, was nicht zu dir gehört! Du sollst des Herrn heiliges Volk sein!“ Es muss
Schluss gemacht werden mit den Sünden der Heiden, wenn wir dem Herrn gehören
wollen.
Aber
nun steht hier noch etwas: „Er tat ab die Höhen.“ Was bedeutet das? Die Heiden
lieben heilige Haine und Hügel, wo sie opfern. In Israel aber hatte der Herr
sein Heiligtum im Tempel zu Jerusalem. „Hier will ich meines Namens Gedächtnis
stiften“, hatte er gesagt. Doch das Volk liebte die Höhen und behielt sie bei.
Wohl – man opferte dort dem Herrn. Aber
– es mischte sich halbheidnisches Wesen dazwischen. Von dem König Asa heißt es:
„Die Höhen wurden zwar nicht abgetan. Doch war das Herz Asas
rechtschaffen.“ Da spüren wir das Seufzen Gottes über diese unklaren Dinge.
„Josaphat
tat fürder ab die Höhen.“ Mag man ihn engherzig schelten! Was nicht klar ist,
soll heraus aus dem Leben eines Gotteskindes.
Am
Ende seines Lebens stellte es sich jedoch heraus: „Die Höhen wurden nicht
abgetan. Denn das Volk hatte sein Herz noch nicht geschickt zu Gott.“ Das Volk
machte nicht mit. Wie allein hat Josaphat gestanden! So allein können rechte
Christen stehen. Und doch nicht allein. Der Herr ist mit ihnen. Und das ist
ihnen genug.