Johannes 1, 35-37: „Des andern Tages
stand abermals Johannes und zwei seiner Jünger. Und als er sah Jesum wandeln,
sprach er: Siehe, das ist Gottes Lamm! Und die zwei Jünger hörten ihn reden und
folgten Jesu nach.“
Das
größte Wunder ist es, wenn ein Mensch sich zum lebendigen Gott bekehrt.
Dass
es so etwas gibt! Dass ein Mensch von heute auf morgen die ganze Richtung
seines Lebens ändert: Während er vorher nur darauf aus war, Geld zu verdienen,
sein Leben zu genießen oder sich einen Namen zu machen, strebt so ein bekehrter
Mensch auf einmal nach einem Ziel, das gar nicht im Bereich der sichtbaren Welt
liegt.
Während
er bisher seinen Weg selbst wählte oder sich nach seiner Umwelt richtete, lässt
er sich nun auf einmal von einer unsichtbaren Hand leiten.
Die
unerleuchtete Vernunft findet das völlig unbegreiflich. Es ist auch
unbegreiflich. Eine Bekehrung zu Gott ist einfach ein Wunder.
Ein
moderner Philosoph, Paul Deussen, hat gesagt: „Die Kraft, die imstande wäre,
die Umdrehung unseres Planeten aufzuhalten oder herumzuwerfen in die entgegengesetzte Bahn, müsste wohl eine ganz große
kosmische Kraft genannt werden. Und doch ist sie klein im Verhältnis zu der
Kraft, die nötig wäre, uns Menschen in unserer selbstischen Umdrehung
aufzuhalten und uns herumzuwerfen in die entgegengesetzte
Bahn …“
Nun,
diese Kraft, die mehr ist als kosmische Kraft, hat Gott in die Welt gegeben in
Jesus Christus. Unser Text erzählt uns von dem Wunder einer Bekehrung.
1) Man entdeckt, dass eine unaktuelle Botschaft höchst
wichtig ist
Aktuell
nennen wir eine Botschaft, die bei uns einen Nerv trifft, dass sie uns
interessiert auffahren lässt. Aktuell wäre zum Beispiel die Nachricht: „In
einem Zweijahresplan will das Volkswagenwerk dafür sorgen, dass jede Familie
ihren Wagen bekommt.“ Aktuell wäre die Botschaft: „Für Hausfrauen wird ab
sofort die 40-Stunden-Woche eingeführt.“ Oder die Nachricht: „Der Fußballverein
Stoppenberg errang die Westdeutsche Fußballmeisterschaft.
So
etwas wären aktuelle Botschaften. Aber wie ganz anders ist das, was den beiden
Jüngern in unserer Geschichte mitgeteilt wird! Da zeigt einer auf Jesus und
sagt: „Siehe, das ist Gottes Lamm!“
Nein!
Das ist keine aktuelle Botschaft! Von einem Lamm ist die Rede. Lämmer gehören
nicht in unseren Lebensbereich. Ich glaube nicht, dass einer unter uns Schafzüchter
ist. Und von Gott ist in der Botschaft die Rede. Du liebe Zeit: Gott!! Der Mensch
von heute zuckt die Achseln und sagt: „über Gott hat man sich Jahrhunderte lang
den Kopf zerbrochen. Jetzt sind wir dies Thema müde!“
„Siehe,
das ist Gottes Lamm!“ Nein! Das ist kein aktuelles Thema.
Und
nun heißt es in unserem Text: Zwei Männer hörten
diese Botschaft. Das will sagen: Sie fuhren bei dieser Botschaft auf. Sie
spitzten die Ohren. Sie fanden diese Botschaft über alles interessant und
wichtig.
Und
dazu kann ich nur sagen: So fängt das Wunder der Bekehrung an.
Da
versteht man sofort ohne lange Erklärung: Hier ist nicht von Schafzucht die
Rede, sondern von einem Opferlamm. Man sieht im Geist die Millionen von Opfern,
die Menschen dargebracht haben, um Frieden mit Gott zu finden. Man begreift: Hier
– in Jesus – ist das letzte, endgültige Opferlamm, das allen religiösen Nöten
und Zweifeln ein Ende macht. Hier ist das Opferlamm, das Gott selber gegeben
hat. Jesus ist das Opferlamm, das mich wirklich versöhnt. Hier ist Gottes Lamm,
das der Welt Sünde wegträgt.
Es
gibt eine unheimliche Geschichte in der Bibel. Da kommen viele Menschen zu Jesus.
In ihrer Mitte schleppen sie eine junge Frau. „Jesus!“ rufen sie, „diese Frau
haben wir im Ehebruch ertappt. Nach Gottes Gesetz muss sie gesteinigt werden. Damit
bist du doch auch einverstanden?!“
„Ja“,
sagt Jesus langsam. „Und wer ohne Sünde ist, der soll den ersten Stein werfen.“
Dann bückt er sich und schreibt in den Sand. Als er wieder aufschaut, steht nur
noch die Frau da. Alle haben sich weggeschlichen, „von ihrem Gewissen überführt“.
Wie
viel Schuld vor Gott liegt doch unter der dünnen Eisdecke unseres Tagesbewusstseins!
Wenn
diese Eisdecke bricht, dann, ja dann wird uns die Botschaft auf einmal über
alles wichtig: „Jesus ist Gottes Lamm, das meine Sünde wegträgt.“ Und das
Gewissen wird getrost bei der Nachricht: „Er hat unsere Sünden selbst
hinaufgetragen mit seinem Leibe an das Kreuz.“
2) Das misstrauische Herz fasst Vertrauen
In
unserer Textgeschichte geschieht etwas ganz Großes. Aber es ist nur angedeutet.
Wir müssen es zwischen den Zeilen lesen: Zwei Männer fassen Vertrauen zu Jesus!
Das
ist das zweite Wunder bei einer Bekehrung. Würden wir etwa unsre Brieftasche
oder unser Sparkassenbuch einem Menschen anvertrauen, den wir nur ganz kurz
gesehen und mit dem wir nie gesprochen haben? Nein, das würden wir nicht tun. Und
nun kommen in unserer Textgeschichte zwei Männer vor, die nicht nur ihre
Brieftasche und ihren Geldbeutel, sondern ihr ganzes Leben dem Manne Jesus
anvertrauen. Und dabei hatten sie diesen Jesus nur zweimal gesehen und noch nie
mit ihm gesprochen.
Stellt
euch vor, wir könnten die zwei Männer fragen: „Wie kommt ihr dazu diesem Jesus
so unerhört zu vertrauen? Ist das nicht zu viel gewagt?“ Ich weiß, was sie
antworten wurden. Denn sie haben uns ihre Antwort aufgeschrieben. Sie lautet: „Wir
sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit, wie sie nur der eingeborene Sohn
Gottes haben kann – voller Gnade und Wahrheit.“
Das
ist genau das, was uns das Neue Testament auf fast jeder Seite berichtet, dass
Menschen ein unbändiges Vertrauen zu Jesus fassten.
Ein
Petrus sagt zu Jesus: „ Wenn du es befiehlst, dann werde ich über das Wasser
des Meeres laufen.“ Eine arme, kranke Frau denkt: „Wenn ich nur den Saum seines
Gewandes berühre, dann werde ich gesund.“ Die Martha ringt sich zu dem Vertrauen
durch, dass Jesus ihren toten Bruder erwecken kann. Die so genannte „große
Sünderin“ wirft sich mit einem Sack voll Sünden zu Jesu Füßen und vertraut, dass
er ihn Ihr abnimmt. Und der Schächer am Kreuz vertraut, dass Jesus Mörder in
den Himmel bringt.
Vielleicht
denkt jetzt jemand: Die Leute damals hatten es leichter, dem Herrn Jesus zu
vertrauen; denn sie sahen ihn ja vor Augen. Es ist schwer, Vertrauen zu einem
zu fassen, den man gar nicht sieht.
Aber
das ist ein Irrtum. Die Männer unserer Geschichte sahen nur einen unbehausten,
armen Mann, von dem man nicht viel wusste. Wir haben von seinen Taten und von
seiner Auferstehung gehört!
Es
ist schon so: Zu allen Zeiten ist es ein Wunder, wenn ein Herz Vertrauen zu
Jesus fasst. Es ist ein Wunder, weil unser Herz von Natur misstrauisch ist.
Kürzlich
machte ich einen Besuch. Als ich geschellt hatte machte ein Mann die Tür nur
einen Spalt breit auf und fragte: „Was wollen Sie denn?“ Als ich ihn nachher
fragte: „Warum waren Sie so misstrauisch?“, entgegnete er: „Es schenkt einem
keiner was.“
Welch
ein Wunder, wenn ein Herz vor Jesus aufgeht und glaubt: Du schenkst mir alles,
was ich für Leib und Seele, für Zeit und Ewigkeit brauche. Darum darfst du
alles von mir fordern.
3) Man tut, was man vorher nicht für möglich gehalten hätte
Da
steht ein kleiner, unscheinbarer Satz. Aber er sagt etwas Ungeheures aus: „Sie
folgten Jesus nach.“ Das ist das Wunder der Bekehrung. Es ist so seltsam: Seit
2000 Jahren hat die Welt ganz große Veränderungen erfahren. Aber immer wieder geschah
und geschieht es, dass ein Mensch sich aufmacht, Jesus nachzufolgen.
Weltanschauliche und konfessionelle Kämpfe tobten. Aber in all dem Getümmel
geschah es: Menschen folgten Jesus nach.
Was
bedeutet das denn? Ich will es an einem modernen Bild klarmachen: Vorher hat
man selber am Steuer seines Autos gesessen. Nun gibt man Jesus das Steuer in
die Hand. Zuerst sagt man wohl: „Herr Jesus, ich möchte die und die Straße fahren.
ich bin froh, dass du nun zu mir eingestiegen bist.“ „Da will ich nur schnell
wieder aussteigen“, sagt Jesus. „Warum denn?“, fragt man erschrocken zurück. Und
er antwortet: „Ich kenne die Straßen besser, die zum Ziel führen. Lass mich fahren,
und vertraue dich mir nur an.“ – Aber nun geht's noch nicht los. „Was hast du
denn da für sinnloses Gepäck? Soll das alles mit? Der fette Schoßhund, dein dickes
ich, das lass nur dahinten. Und so allerlei kleine Sündenköfferchen! Lass sie
stehen!“
Da
rufst du erschrocken: „Herr Jesus, soll ich ganz arm werden?“ „Nein“, sagt er, „bis
jetzt warst du arm. Jetzt sollst du reich werden.“
So
überlässt man sich ihm, arm und willenlos, und erfährt am Ende: „Aus seiner
Fülle haben wir genommen Gnade um Gnade.“