Wirkungen des Geistes Gottes

Winrich Scheffbuch

Gehalten am 31.07.1983 in der Ludwig-Hofacker Gemeinde Stuttgart

Römer 8, 12-17

 

Nun fahren wir fort in der Auslegung des Römerbriefes, wir stehen bei Kapitel acht, Römerbrief Kapitel acht, Verse 12-17. Bei den ausgelegten Bibeln Seite 165 im Neuen Testament. Römer acht Vers 12-17.

Wir haben das letzte Mal gründlich darüber geredet, dass es durch ein großes Wunder Gottes dazu kommt, dass wir nicht mehr im alten Wesen der Sünde leben müssen. Weil der Geist Gottes von uns Besitz ergreift. Das erklärt nun Paulus weiter:

So sind wir nun, liebe Brüder, zum Gehorsam verpflichtet. Aber nicht der Selbstsucht, oder, wie es in der alten Übersetzung hieß: „im Fleisch“, dass wir ihr folgen müssten, denn wenn ihr euren selbstsüchtigen Art folgt, werdet ihr sterben müssen. Wenn ihr aber durch den Geist das selbstsüchtige Handeln tötet, werdet ihr leben. Denn die der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Denn nicht den Geist von Knechten habt ihr empfangen, dass ihr euch wieder fürchten müsst, sondern den Geist von Kindern, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater. Der Geist selbst bezeugt unsrem Geist, dass wir Gottes Kinder sind. Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben, und Miterben Christi, denn so gewiss wir mit ihm leiden, werden wir auch mit ihm zur Herrlichkeit erhoben werden.

Herr, gib uns das Verständnis, was dies jetzt bedeutet. Amen.

 

In unserer Welt heute gehört zu den modernen Errungenschaften auch das, was mit dem Wort Massenkommunikation umschrieben ist. Das heißt, dass man mit einigen technischen Hilfsmitteln viele Menschen erreichen kann. Das hat weit reichende Folgen, wenn man dran denkt, wie die Nachrichten, die ausgestrahlt werden übers Radio, übers Fernsehen, in kurzer Zeit Millionen erreichen, und da werden wir ja gesteuert: Unsere Empfindungen, unsere Meinungen sind ja davon abhängig. Was wir vorgesetzt bekommen, das leitet unsere Gedanken, und davon sind wir bestimmt. Aber man kann das nicht nur mit Nachrichten machen, man setzt das auch heute schon ein in der Gesundheitsvorsorge. Unsere großen Strategen, die müssen da planen, wie man ein ganzes Volk richtig schützt. Zum Beispiel gegen Kinderlähmung. Ist doch prima, wie kann man die Leute, Millionen Menschen dazu bringen, dass sie sich schützen? Jeder schluckt ein Stück Zuckerchen mit ein paar Tropfen darauf, und alle sind geimpft. Massenkommunikation! Oder man gibt Fluor ins Trinkwasser, tolle Sache. Dass möglichst viele daran teilhaben. Und nun beschäftigt uns das auch, wie können wir eigentlich die christliche Botschaft den vielen Millionen Menschen, unserem Volk mitteilen? Wir können sie ausstrahlen, über den Rundfunk, ja und viele, Millionen Menschen in unserem Volk haben ein christliches Bekenntnis. Sie fühlen sich in irgendeiner Weise zum Christentum noch hingezogen und verbunden. Aber wir merken auf einmal, das ist die Grenze der Massenkommunikation. Es muss beim Christsein eine persönliche Entscheidung folgen. Ich kann mich nicht einfach über eine Schluckimpfung, auch nicht über Wassertupfen bei der Kindertaufe, mich ins Christentum hinein führen lassen. Und was ich hier jetzt sage, das ist das Bekenntnis unserer lutherischen Kirche, nicht meine Privatmeinung. Das ist, was die Schrift und was die Reformatoren immer und immer wieder betont haben. Und das braucht heute den ganzen Nachdruck, dass wir es auch in unserer Kirche, immer und immer wieder sagen, es braucht eine persönliche Entscheidung. Einen eigenen Schritt ins bewusste Christsein hinein. Es muss zu einem Bruch kommen, und dann wird das neue Leben sich zeigen im ganz praktischen Verhalten. Ob wir wirklich Christen sind, das geht nicht bloß mit einem Stückchen Zucker ab, das man schluckt, und mit etwas Fluor das man dem Wasser beigibt, dass man ein paar christliche Vokabeln trägt, und dass man seinen Namen in ein Register eintragen lässt, sondern wir brauchen dieses Wunder, dass der ewige und heilige Gott durch seinen Geist in uns wohnt. Anders können wir nicht Christ sein. Wer den Heiligen Geist nicht hat, sagt Paulus, kurz, der ist kein Christ. Und es kann gar nicht sein, das wir junge Leute konfirmieren, die an dieser Stelle eine Unklarheit haben. Und es soll keiner unter Ihnen jetzt heute eine Unklarheit haben. Ich wollte, dass jeder von Ihnen nach Hause geht, und sagt, ich weiß Bescheid! Ohne Heiligen Geist kann ich kein Christ sein. Und dieser Geist Gottes, der will mich erfüllen, mich bewegen, mein Leben umgestalten. So, wie es der Prophet Hesekiel schon ankündigen durfte, als die große Zusage Gottes, dass er ein neues Herz uns gibt, einen neuen Geist, der uns treibt. Und dass davon eine ganz neue Liebe zu den Ordnungen Gottes folgt, und daraus das neue Verhalten kommt, weil wir innerlich umgewandelte Leute sind.

Noch einmal: wir wollen niemand weh tun, und niemand verletzen heute Morgen, aber ein bloß äußeres Christsein, das ist ärgerlich für den Betroffenen selbst, und enttäuschend; am Ende fühlt man sich betrogen. Mit Liedersingen allein mit Falten von Händen ist nichts erreicht. Der Geist Gottes, Gott selbst muss in uns wohnen und uns erfüllen. Und nun will ich drei Dinge dazu zeigen, wie der Geist Gottes uns von innen her erfüllt.

 

Zuerst: Der Geist Gottes ist die große Energiequelle.

Paulus unterscheidet hier das Leben nach dem Fleisch, oder nach der alten Ichsucht. Das ist das natürliche Leben, so wie wir geboren sind. Dazu braucht gar nicht besonders Schlimmes in unserem Leben sich ereignet haben. Und er sagt: Das Neue ist das, was Gottes Geist in uns erst beginnen lässt, dass wir Liebe zu Gott haben, dass wir seine Gebote schätzen, und beachten. Dass wir uns um andere kümmern, und von uns selber frei werden. Nun merken wir immer wieder, dass dieses neue Leben ganz schwach ist. Und ich hör' das so oft bei Ihnen, dass Sie auch sagen: Ja, ich habe eigentlich gar keine Kraft dazu. Ich merke, wie mein Glaubenspflänzlein so klein ist. – Die Energie, die kommt ja nicht aus uns. Die haben wir auch nicht angeboren. Die Energie, die kommt vom Geist Gottes. Und das Wort „Treiben“, das hier steht: „Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder“, das ist direkt in unserer Sprache ja verständlich. In diesen heißen Tagen erleben wir es, wie in kurzer Zeit die Pflanzen unter der starken Sonnenbestrahlung wachsen können, wenn sie nur genügend Wasser haben. Das gibt direkt ein Treibhausklima, weil das so treibt. Ich sehe immer noch vor mir die wunderbaren Früchte in dem Kibbuz Sde Boker im Negev, wo einst Ben Gurion seine letzten Lebensjahre zubrachte. Solche Früchte kann man nirgendwo in der Welt sehen, diese ungeheuer großen Ampelmusen und diese Pfirsiche, die dort reifen unter dieser intensiven Sonnenbestrahlung. So will der Geist Gottes Früchte treiben in unserem Leben. Die Liebe und die Freundlichkeit, die steckt in uns nicht drin, sondern der Heilige Geist will sie hervorbringen lassen, noch viel größer, als wir sie bisher gekannt haben. Oder von einer anderen Bedeutung kennen wir dieses Wort vom „Treiben“: Wir haben den Treibriemen in der Technik. Der überträgt vom Motor zur Maschine die Kraft. Es ist für unser immer ein Problem: Wie kommt die große Energie Gottes in mein fleischliches Leben hinein? Wie verwirklicht sich das im Alltag, wie setzt sich das um in konkretes Verhalten? Der Heilige Geist treibt uns. Der ist der Motor und der Treibriemen, der unseren müden Leib in Gang hält, ganz gleich, ob wir schon von der Krankheit geschwächt sind, ob wir schon vom Alter gezeichnet sind, das spielt ja gar keine Rolle. Gott hat Leute gebrauchen können, die schon im hohem Alter standen, wir haben es neulich von Abraham gehört, der schon 99 war, als Gott mit ihm noch einmal angefangen hat, weil der Geist Gottes eine solche Treibkraft hat. Und wenn Sie das noch einmal durch die Bibel hin verfolgen, wie das oft schon im Alten Testament steht; ich hab mir nur ein paar Stellen herausgeschrieben: Und der Geist Gottes kam über Bileam. Da redet er plötzlich die Segenworte damals in der Wüste vor dem Volk Israel. Oder: Der Geist des Herrn ergriff Gideon und er blies die Posaune. Seine Kniee wackelten vorher noch, er war voller Angst, da kam der Geist Gottes und trieb ihn an zur mutigen Tat. Von Simson – ich erzähl' gern jungen Menschen diese Geschichte, was das für ein Mann war, den beneide ich, das er's Klavier vom einen Raum zum anderen tragen konnte, aber stimmt ja gar nicht, es steht in der Bibel, der Geist des Herrn kam über ihn, und er zerriss den Löwen, wie man ein Böckchen zerreißt, und er hatte nichts in seiner Hand. Der Geist Gottes macht Schwache kräftig und stark. Beim David heißt es: Der Geist des Herrn wurde mächtig über ihm von dem Tage an. Das ist eine wunderbare Zusage. Am liebsten wollte jetzt aufhören, und Sie damit entlassen, aber da steht noch was Wichtiges da: Dass wir durch den Geist Gottes des Fleisches Geschäfte, oder das Geschäft der Ichsucht töten. Jetzt wissen Sie, warum der Geist Gottes bei uns nicht Raum gewinnt. Das ist nicht wahr, was uns manche immer wieder erzählen, als ob das an formellen Dingen liege, oder weil unsere Kirche noch ein paar besondere Segnungen bräuchte, oder irgend dies und jenen Evangelisten, der besonders die Gabe hätte. Der Geist Gottes wird da ausgeschüttet, wo Jesus ist. Das hat Jesus versprochen. Wer ihn bittet, der bekommt. Aber wir müssen Raum schaffen. Denn da, wo die Ichsucht blüht, mein ganz natürliches Wesen, da kann der Geist Gottes nicht wirken. Töten! Können Sie töten? Den Hochmut töten? Die Empfindsamkeit töten, die lähmt ja oft das Kommen des Geistes Gottes. Und wir schaffen keinen Raum. Die unreinen Gedanken, Neid, Hochmut, Streitsucht, all die Dinge, die da in uns sind, töten! Geh drauf los und schlag das zusammen in dir! Da sind Christen also in einen Kampf hineingerissen. Das ist nicht bloß so, dass man sich ins Bett legt, und sagt: Herr ich will deinen Geist haben! Sondern ein Kampf geht los. Der Geist Gottes fängt in uns diesen Streit an, und darum ist das auch bei gläubigen Leuten noch so. Dass sie sehr wohl etwas wissen, um den alten Menschen, auch wenn sie den Heiligen Geist haben. Weil sie ja dagegen angehen, gegen dieses natürliche Wesen. Und Sie müssen heute besonders stark aufpassen, weil in unseren Tagen wir das ja so getrieben, dass wir das Wesen des Fleisches oder der Ichsucht besonders hoch preisen. Man sagt in unseren Tagen, dass das alles nicht außergewöhnlich sei. Das sei ja menschlich. Man sagt, Sünde, nein, das Wort brauchen wir sowieso nicht. Das sind ja höchstens ein paar kleine Veränderungen meines Charakters. Man nimmt es nicht arg tragisch. Unwahrhaftigkeit? sagt, das ist eigentlich nur, unwahrhaftig, nein, gewandt sagt man dafür, oder schlagfertig. Die Unwahrheit reden, für den Hochmut sagt man auch, ja, man braucht ja Hochmut, man muss ja sich selbst bejahen können. Man muss ja auch sich selbst annehmen können. Die Unreinheit ist auch hoch in Mode. Man sagt, schließlich ist man ein Mensch mit Fleisch und Blut, man ist ja kein Heiliger. Und man sagt das in einer solchen Verbindlichkeit und Nettigkeit, dass das alte Wesen auch in unseren Gemeinden überall blüht. Man nimmt gar keinen Anstoß mehr daran. Und ich, wenn ich das so vor Ihnen sage, dann müssen Sie mich doch in die Zucht nehmen, so wie ich Sie in die Zucht nehmen will, dass wir aufeinander acht haben. Dass wir nicht den Heiligen Geist betrüben in unserer Mitte, durch unser ungutes Reden übereinander. Durch Streit, durch böse Gedanken, durch Zwietracht. Tötet diese Geschäfte des Fleisches; das, was die da herum wurschteln, diese Gschaftlhuberei des alten Fleisches in uns, und der Ichsuch, das, was in unserem frommen Leben sich da oft breitmacht. Der Heilige Geist will entschiedene Leute haben, die sich ausstrecken nach ihm. Es war so schön, wie wir vor ein paar Wochen wieder Bischof Festo Kivengere aus Uganda begegnet sind. Und der hat dort in Böblingen auch wieder über das Gleiche gesprochen, was er schon 1975 damals im Neckarstadion in der großen Versammlung des Gemeindetags gesagt hat: Dass das ein neues Leben ist, wenn der Geist Gottes anfing. Er konnte das so gut illustrieren, wie in diesem Volk von Uganda, das so zerstritten ist, im Bürgerkrieg, wo einer den anderen totschlägt, bei den Christen plötzlich eine Liebe aufwacht. Und dann sprach er wieder vom Parfüm des neuen Lebens, und sagt, das ist der Duft, den die Welt riechen muss, etwas von dem Leben. Spürt man etwas von dem neuen Leben in deiner Umgebung? Ist das ein ansteckender, anziehender Geruch, der für die anderen behaglich und schön ist? Das ist die Energiequelle in uns, der Geist Gottes, der uns treibt.

Jetzt wird uns der Geist Gottes auch noch von einer zweiten Seite gezeigt:

mit einer Zugkraft in die Liebe Gottes hinein. Das ist ein schwieriges Wort: Zugkraft in die Liebe Gottes hinein. Ich konnte es nicht besser ausdrücken, es tut mir leid. Warum? Der Geist Gottes, der lässt uns schreien: Abba, lieber Vater. Also, das ist ja wirklich eine ungeheuere Sache, dass Menschen wissen, dass es einen Gott gibt. Das können wir entdecken in unserer Welt. Und wir werden auch gottesfürchtige Leute treffen. Wir sind ja immer wieder überrascht, wenn bei unseren Straßenversammlungen wir das Thema anschneiden, und Moslems da sind. Und wir dann von dem Wunder reden, das wir zu Gott Vater sagen dürfen. Und manchmal, wenn die Moslems ein wenig keck sind sagen sie: Das ist unerhört, du musst aufhören, das darf man nicht sagen. Man kann zu Allah nicht Vater sagen. Er ist der heilige Gott, dem wir dienen. – Die meisten Christen haben noch gar nicht entdeckt, was sie von all den anderen religiösen Erkenntnissen unterscheidet: Dass wir Kinder sein dürfen bei dem heiligen ewigen Gott. Nun haben Sie vielleicht mal in ihrer Nähe beobachtet, wie das ist, wenn ein Kind adoptiert wird? Ist ja ein ziemliches Problem: Plötzlich wird das Kind in die Familie aufgenommen, und soll zu fremden Leuten Vater und Mutter sagen, Man kann das nicht. Können Sie ein Kind dazu bringen, das es zu irgendwelchen fremden Menschen Vater sagt, nicht Onkel, Vater. Oder gar, wie es hier heißt Papa, Mama. Das ist die tiefste und innerste Beziehung, und ich weiß, wie es auch jetzt bei manchen ein Stich ins Herz gibt, die nur ein Scheusal als Vater kennen gelernt haben. Denen das weh tut. Aber dann nehmen Sie das Bild doch dennoch, dass der heilige Gott, der Herr dieser Welt, so ein intimes Kindes-Verhältnis mit mir haben will. Ich muss an dieser Stelle zu meiner Schande immer wieder erwähnen, dass ich dieses Wort Römer acht Vers 14 an meiner Konfirmation als Konfirmationsspruch bekommen habe. Und wie man dann in kindlicher Dummheit alles denkt, ärgert man sich, Mein Bruder, der wurde mit mir konfirmiert, und der hatte den Gedenk-Spruch bekommen von der Weisheit. Da dachte ich, der kriegt einen von der Weisheit, und ich krieg einen von den Kindern. Das kam mir kindisch vor. Und man braucht so lange, bis man merkt, das hat doch gar nichts mit der kindischen Art zu tun. Sondern mit der, vielleicht kann man da erst spüren, wenn die Eltern begraben sind, was das ist, das, wo man einen Menschen so gehabt hat. Und so darf ich zu Gott kommen. Jederzeit ist die Türe offen, das kann ich nie von mir verstehen. Das ist ein Geheimnis, das können Sie auch keinem Menschen erklären, das kann nur der Heilige Geist in einem Menschen überhaupt wecken. Darum sagte ich, es ist die Zugkraft in die Liebe Gottes hinein. Das schafft der Heilige Geist. Es gibt in unserer Kirche so viel wackere, gestandene Christen, aber sie leben alle noch im Geist der Knechtschaft. Sie wollen vor Gott die Gebote erfüllen, und seine treuen Diener sein, und sie wissen gar nicht, was Liebe zu Gott heißt. Und dass sie Kinder sein dürfen, des ewigen Vaters. Da fehlt der Geist Gottes, der ihnen das aufdeckt. Und ein Kennzeichen des Besitzes des Heiligen Geistes ist, nicht das, was heute manchmal angegeben wird, sondern dass man zu Gott Vater sagen kann. Abba, lieber Vater. Das ganz innige Liebesverhältnis mit dem ewigen Gott. Es gibt einige Kennzeichen in der Bibel, die sind so klar: Dass man Jesus Christus einen Herren heißen kann. Auch das ist eine Frucht des Geistes Gottes. Aber das ist so wunderbar, dieses persönliche, innige Liebesverhältnis mit Gott. Und dann steht da, dass wir Kinder sein dürfen. Man wundert sich ja immer wieder, wie Kinder so viel von einem erben in der Art des Charakters. Und manchmal tun einem die eigenen Kinder leid, wenn man bemerkt, welche negativen Seiten sie auch von den Eltern geerbt haben. Aber bei Gottes Kindschaft ist so schön, dass wir die ganze Gottesnatur widerspiegeln sollten, als ein Ebenbild. Wir sollten doch keine sauertöpfischen Leute sein, keine verzwungenen Leute. Bei Gott spielt die Freude so eine große Rolle, und Leute, die den heiligen Geist haben, sind Leute, die freuen sich, sich freuen, die leuchten, die vor Liebe brennen, die sich selbst verleugnen können. Kinder Gottes, in denen die Art Gottes widerspiegelt. Jetzt, damit wir auf dem Boden der Tatsachen bleiben, darf ich eben auch noch hinzufügen: Wir bleiben auch immer wieder Leute, die spüren, dass die Geschäfte des Fleisches da in unserem Leben sind. Auch da dürfen wir rufen: Abba, lieber Vater. Das kann uns ja letztlich von ihm nicht mehr trennen, denn wir sind dennoch seine Kinder. Das tut uns nicht weh, auch wenn unsere Kinder manchmal dreckig daherkommen, wenn sie in den Schmutz gefallen sind, sie bleiben unsere Kinder. Das ist eine Sache, die fest steht. Wenn nur dieses Verhältnis einmal klar ist, dass ich die Kindschaft bei Gott habe. Dann kann ich auch in den Kämpfen mit den Werken des Fleisches, die mir oft zu schaffen machen, und die mich oft, und Sie oft belasten, rufen: Abba, lieber Vater, wer wird mich retten aus dem Leibe dieses Todes, du, mein Vater, in deine Hände darf ich mich befehlen.

Und noch ein letztes: Der Heilige Geist ist ein Siegel, der uns gewiss macht.

Noch einmal: das ist keine pietistische Theologie, die ich hier vertrete, sondern eine biblische. Und das ist die Lehre unserer Kirche, und das reformatorische Bekenntnis. Ohne heiligen Geist sind wir keine Christen, und wenn einer von ihnen im Unklaren sein sollte, dann soll er heute nicht zum Mittagessen heimgehen, sondern vorher ein Gespräch suchen, dann reden wir so lange weiter unter vier Augen, bis er das versteht. Er darf nicht sagen: Ich wünsch' es, ich hoffe's, sondern: Der Herr gibt mir seinen Geist. Ich merke ihn schon, wie ich darunter leide, unter diesen Werken des Fleisches. Das ist auch so ein Kennzeichen, bevor ich den heiligen Geist habe, leide ich gar nicht unter meiner Ichsucht. Da gefällt mir das, da fühle ich mich sehr stolz dabei. Aber wenn das anfängt, dass ich leide, ich bin ein Schuldner des Fleisches – da wirkt schon der Geist Gottes. Wir machen einen großen Fehler, indem wir die Gewissheit immer wieder in unserer eigenen subjektiven Persönlichkeit suchen. Und es ist sicher eine Not, an der am meisten die Leute leiden, die so stark, und das ist so wichtig, die persönliche Entscheidung betonen. Ich muss mich für Christus entscheiden, das fehlt ja oft in der Verkündigung unserer Kirche. Das ist richtig, aber meine Gewissheit ruht letztlich nicht in meiner Entscheidung. Es werden Stunden bei Ihnen kommen in der Anfechtung, wo Sie sagen: Kann ich überhaupt noch glauben, glaube ich richtig? Es gibt Tiefen, durch die wir in der Depression hindurchgeführt werden, wo uns alles zu entschwinden droht. Und worauf ruhe ich mich dann aus? Sage ich: Ich habe mich richtig entschieden!? Darum ist auch eine spätere Erwachsenentaufe keine erneute Garantie, weil auch das alles mir entzogen werden kann in der Anfechtung. Wo ich mich auf mich gründe, bin ich verloren. Wenn das alles wackelt und wankt, das zerbricht mir auch in meiner Todesstunde. Der Grund, da ich mich gründe, ist Christus und sein Blut. Meine Gewissheit meines Glaubens, dass ich angenommen bin, ein Kind Gottes, das ruht nicht in mir, in meiner Entscheidung, sondern dass Christus für mich starb. Und ich möchte Sie immer und immer wieder auf den Punkt hinweisen: Das steht fest, auch wenn ich sterbe. Das ist der Punkt, auf den ich mich fest verlassen kann. Auch wenn die Schuld über meinen Kopf hinweg geht. Das Blut Jesu Christi macht mich rein von aller Sünde. Und das war Paul Gerhard, der es immer wieder so sagen konnte: Nun weiß und glaub ich's feste, ich rühm's auch ohne Scheu, dass Gott der höchste Beste, mein Freund und Vater sei. Nicht wegen meines Glaubens, sondern wegen seines Erbarmen mit mir, weil er sich zu Sündern herab beugt, darum kann auch die Menge der Schuld mich nicht von ihm trennen. Und dann überschlägt sich das bei Paulus hier. Der Geist Gottes gibt Zeugnis unserem Geist, dass wir Gottes Kinder sind. Er macht uns das Geheimnis des Kreuzes immer groß. Also, wieder ein erneutes Kennzeichen des Heiligen Geistes. Er leuchtet uns die großen Wahrheiten des Glaubens an, und macht sie für uns persönlich fassbar. Ich kann „Ja“ dazu sagen. Unsere Väter haben es in einer Liedzeile immer wieder ausgedrückt: Lass mich in deiner Nägelmal' erblicken meine Gnadenwahl. Dass ich angenommen bin bei Gott, das will ich sehen an deinem Kreuz. Da will ich's verstehen, und das macht der Heilige Geist. Dass er mir das Wort verständlich macht, das ich's beim Bibellesen begreifen kann, für mich persönlich nehmen und Ja dazu sagen. Und dann geht das weiter. Dann zeigt mit der Geist Gottes, wir sind Erben. Immer ein bisschen makaber, kaum ist jemand gestorben, dann stürzen sich die Angehörigen auf das Erbe, und dann wird verteilt, und – aaah – jetzt gibt es was zu holen. Eine peinliche Sache, aber bei Gott ist das so schön: Er gibt mir alle seine Schätze. Gott hat noch viel mehr seiner Gaben für mich bereit. Sie werden mit ihrem Leben nie zu Ende kommen. Und Sie dürfen noch viel begieriger sich darauf stürzen. Wir sind Miterben der Herrlichkeit Gottes. Er will uns umwandeln, aber da steht noch ein Wort, und das muss noch genannt sein, bevor wir hier abschließen: So gewiss wie wir mit Jesus leiden, werden wir mit ihm auch zur Herrlichkeit erhoben werden. Wie gut, dass das da steht. Weil wir sonst immer wieder dem Betrug erliegen, als ob der Heilige Geist unser Leben so kurz überhöht, und in die Herrlichkeit hinein führt. Und der Paulus sagt: Es ist ein Geschenk, dass Christen durchs Leiden hindurch gehen müssen. Der alte Mensch zerbricht. Und das gehört für uns mit hinein in die Erneuerung. Und wer wie ich heute Morgen fröhlich, fidel und gesund ist, der soll mit daran tragen, an denen, die diesen heißen Tagen durch das Leiden gehen. Und die in ihrem Glauben angefochten sind. Und die das nicht mehr in fleischlicher Weise verstehen, als ob es Gottes Verpflichtung wäre, uns aus jeder Krankheit herauszuholen, und uns jeden äußeren materiellen Wunsch zu erfüllen. Das lernen wir erst im Leiden, dass es Gottes Ziel nicht so ist, wie wir immer rechnen, seine Leute groß herauszubringen. Wir sind auch verbunden mit seinen – aus dem Volke Gottes, mit den leidenden Christen, um seines Namens willen verfolgt sind, weil wir da erst sehen, Gott kann auch gerade da, wo er uns keine Freiheit gibt, wo er uns bedrängt sein lässt, umso mehr mit seinem Geist nahe sein. Und uns so mehr und stärken am inwendigen Menschen. Und manchmal beneiden wir ja diese verfolgten Gemeinden, und sagen, die haben viel mehr am geistlichen Leben. Da muss man sagen, sind unsere deutschen Kirchen nicht ertrunken an den Kirchensteuer-Millionen, an den Kirchenbauten, an der äußeren Geschäftigkeit, an der Wurschtelei, wo man alles und jedes getrieben hat, und nicht mehr sich ausgestreckt hat nach der Gabe des Geistes Gottes, die uns umwandeln will. Dann gehen wir doch heute mittag beim Krankenbesuch zu unseren leidenden Schwestern und Brüdern, und studieren das Geheimnis, wo einer, dessen äußerer Leib zerbricht, erlebt, wie der innere erneuert wird. Wenn es unsere Freunde in den Pflegeheimen noch unter zitternder Stimme sagen: Och, ich bin so fröhlich, ich bin so reich, weil dieses neue Leben ein Geheimnis ist, dass sich nicht verrechnen lässt in den Maßstäben unserer Welt. Ohne Geist Gottes können Sie kein Christ sein, ohne Erneuerung ihres Lebens. Und da ist uns angeboten, von Jesus, dass wir nehmen: Wen da dürstet, der komme zu mir, und trinke, das hat Jesus im Blick auf den Geist Gottes gesagt. Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von des Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Amen.