Gemeinde im Aufbruch

Hauptkonferenz der SV in Böblingen

04.11.2001

Winrich Scheffbuch über 1. Petrus 2, 9

 

Das war in der Pause so schön, dass man mit einigen von ihnen reden konnte und hörte, wo sie herkommen. Ich habe immer wieder gehört, wie einige sagten: Wir sind dort nur ein paar oder wir sind ganz allein. Ich weiß gar nicht, aus wie vielen Orten wir kommen. Und alle könnten dasselbe sagen: Wir sind nur wenige und es ist bei uns ganz schwierig. Die kirchlichen Verhältnisse sind ganz schwierig. Wir treffen auf Feindschaft, Widerstand, üble Nachrede … für Gemeinschaftsleute oft nicht leicht. Deshalb habe ich für sie heute Mittag ein Wort, das ich ihnen zurufen will, in ihrer Situation.

 

Aus 1. Petrus 2, 9: „Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, die königliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, dass ihr verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht;

 

Da steckt Methode drin, wie Jesus das macht. Er hat immer einzelne berufen. Sie brauchen darüber nicht klagen: Jesus ruft direkt beim Namen und sagt: "Du, dich meine ich! Es ist schön, an einem solchen Tag, dass man andere trifft. Und ich freue mich für jeden, der das benützt. Man braucht Gemeinschaft. Aber, ab heute Abend, dann sind sie wieder draußen. Sie sagen: Ich bin ganz allein. - Nein, da hat sie Jesus hingestellt. Sie sind das auserwählte Geschlecht. Dieses spezielle Volk, dazu gehören sie, das Jesus in dieser Welt hat, in allen Völkern und Nationen, die ihn bekennen, die ihm dienen und die auf sein Wort hören.

 

Wo ich durch die Bibel schaue, findet man Einzelne. Da findet man sich manchmal auch mit Entmutigungen, mit Frust oder mit schweren Anfechtungen, ob die Elia hießen oder Mose oder Nehemia oder wer das war. Ich denke in diesem Augenblick an den Josia: Acht Jahre alt lebt der in einer gottlosen Umgebung - und wie schlimm das war: Im Tempel waren die grässlichsten Götzenbilder aufgebaut. Und wenn dann Gottesdienst gemacht wurde, diente das alles nur zur Belustigung und zur Ergötzung der Leute. Man wollte Spaß haben, nichts anderes. Keiner wollte das Wort Gottes mehr hören, das ins Gewissen trifft. Und da war ein junger Bub mit acht Jahren, Josia. Da steht in der Bibel: von hohem Geschlecht, aus dem Königshaus, Kronprinz und er wollte in den Fußstapfen seines Vaters David leben. Was sind denn die Fußstapfen des Königs David? Da sind ja viele Generationen vorher gewesen.

 

Liebe Schwestern und Brüder, das ist für uns eine ganz große Hilfe in der Gemeinschaftsbewegung: Wir wollen in der Fußspur der Väter und Mütter des Glaubens leben. Aufbruch! Dort wollen wir gehen. „Deinen Willen, Herr, tue ich gern.“, so hat es einst David gesagt. Wir wollen Gott dienen mit unserem ganzen Leben. Als er 16 Jahre alt war, fällt er den Entschluss und sagt: So, jetzt möchte ich stehen - wie das ein 16 jähriger kann. - Ich möchte all die jungen Leute ermutigen: Aufbruch zum Bekennen des Jesus-Namens in einer gottlosen Welt. Wenn man heute Nachrichten hört oder wenn man durch Asien reist, da kann man manchmal fragen: Wo stehen wir in der Heilsgeschichte? Stehen wir schon in der anti-christlichen Macht, wo das Erwähnen des Namens Jesu schon so gefährlich ist, wie es unsere Mitchristen heute in Indonesien oder in Afghanistan oder im Süd Sudan oder wo auch immer erfahren? Beten Sie für die und denken Sie dran! Aber auch bei uns ist das ja nicht anders, in unserer westlichen Welt, der anti-christliche Hass, der bis in die christlichen Kirchen hineinragt. So kann man doch nicht mehr von Jesus reden. Wir sind doch alle ... - Nein! Wir wollen Jesus dienen. Wir sind seine Zeugen. Wir haben sein Evangelium anvertraut bekommen - und dann fängt der Josia an, den Tempel zu säubern und das wunderbare: da kommen viele andere plötzlich dazu. Das ist das schöne in der Gemeinschaftsbewegung, das wir keine Solisten sind. Im Reich Gottes liegt nie auf Solo-Diensten Segen. So begabt wir auch sein mögen, wir brauchen Schwestern und Brüder. Nur in der Gemeinschaft sind wir stark. Und dann auf einmal kommen die - und die helfen: die Handwerker. Und der Josia sagt: Ich will euch gar nicht beaufsichtigen, ich will euch nicht kontrollieren. Plötzlich sind auch die Finanzmittel da. Und jeder hilft nach seinem Gutdünken in der eigenen Verantwortung vor Gott. Das wünsche ich mir in der Gemeinschaftsbewegung: Alle an einem Ziel miteinander arbeiten, das Reich Gottes auszubreiten und der Gottlosigkeit zu wehren, dem Unglauben - und Jesus zu bekennen und seinen Namen weitertragen.

 

Ich will eine Geschichte erzählen von Hedwig von Redern. Die kennen Sie durch ihre schönen Lieder. Die hat das auch in ihrem Leben nicht so gehabt, von Haus aus, sondern sie war in einem hohen Offiziershaus aufgewachsen. Ihr Vater starb plötzlich. Das hat ihr einen Schock versetzt. Sie ist nicht mehr damit fertig geworden - und dann ist der elterliche Stammsitz abgebrannt, natürlich ohne eine Entschädigung. Und in diesem ganzen Schmerz kam sie nach Berlin. Sie war unfähig, sich anderen anzuschließen. Kennen Sie das? Vor lauter Schmerz. Sie hat später gesagt: Ich war wie verkapselt in meinem Schmerz, in diesem Selbstmitleid. Mir geht’s so schwer. Und da war der Graf Pückler. Da war ja so eine ganze Garde von Müttern und Vätern in Berlin damals: Eberhard von Rotkirchen (CVJM) und so. Und der Graf Pückler hat sie rausgeholt und gesagt: Sie müssen dienen! - Dieses Ermutigen von anderen, das ist so wichtig. Wo Leute Jesus gehören, sonst, wo wir niemand zur Mitarbeit einladen, aber wo Leute klar stehen zu Jesus, rausholen aus ihrer Verkapselung und sagen: Mach mit! Im Keller von Graf Bernsdorf hat sie mit der Sonntagsschule angefangen. Berliner Jungs, die können recht frech sein, und die hat das überhaupt nicht gelernt (mit ihnen umzugehen). Sie ist gewachsen mit ihren Aufgaben. Und dann hat sie Krankenbesuche gemacht, dann hat sie eine Bibelstunde für Krankenwärter angefangen und dann hat sie eine Bibelstunde für Polizisten angefangen. Als einmal Hudson Taylor durch Berlin kam, der große China-Inlandmissionar, hat er gesagt: „Wie liebe ich diese mütterlichen Frauen, für Männer tätig, Bahnbrecher sind sie.“ So war der Josia. Und ich hoffe, dass sie in ihren Gemeinden das auch erleben: Andere in den Dienst bringen, aktivieren. Aufbruch! Wo sind welche, die ich in Aufgaben hineinführen kann, aktivieren. Diese Hedwig von Redern, die uns später dieses schöne Gedicht geschenkt hat: „Bleib an deinem Platz, wo Gott dich hingestellt. Dien ihm da.“ - Das Geheimnis unseres Dienstes … wir haben heute Morgen schon davon gesprochen. Wir wollen nichts von großen Visionen (hören), wir lehnen sie ab als trügerisch, diese Groß-Erweckungsvisionen. Aber an unserem Platz treu sein, weil Gott das Senfkorn segnet und das Wachsen, weil sein Wort nicht vergeblich ist.

 

Ihr seid das auserwählte Geschlecht. Ihr gehört dazu. Aus Jesu Reich, dort, wo ihr seid, an eurem Ort mit anderen zusammen. Ihr seid das königliche Priestertum. Aber bei dem König Josia war es so schön, als sie ein wenig im Tempel mit diesem ganzen Dreck aufgeräumt haben, der sich angehäuft hat. Das ist ja merkwürdig, was sich im Volke Gottes an Aberglauben und bösen Dingen oft so sammelt. Wie sie mit diesem Reinemachen begannen und sagen: Wir wollen Gott allein dienen. Da hat er sich an die Säule hingestellt, an die Säule, wo er einst als König eingeführt wurde und hat mit den Leuten Passah gefeiert.

 

Warum denn Passah? Das größte Problem in dieser Welt ist die Vergebung der Schuld. Wenn sie ein bisschen Ahnung haben von Seelsorge, dann wissen Sie, dass das die Not im 21. Jahrhundert ist. In Böblingen oder Stuttgart oder wo es ist. Die Menschen wissen nicht, wo sie hinsollen mit ihrer Schuld. Über Schuld redet man nicht. Das liegt ja hinter unserer Spaßgesellschaft. Aber glauben sie doch nicht, dass die Menschen wirklich so oberflächlich sind.

 

Wenn dann bloß etwas kommt, so wie der 11. September, dann kommt die Angst durch: Was ist mein Leben? Wo hab ich einen Halt? Und man spürt, ich bin mit Gott nicht im Frieden. Ich wünsche ihnen, dass sie ein königliches Priestertum sind. Das ist ein Geheimnis in unseren Gemeinschaftsverbänden, das allgemeine Priestertum der Gläubigen. Wir sind Priester. Wir beten für die anderen. Wir suchen sie und wir sprechen sie auf diese wunderbare Botschaft an, dass es Vergebung gibt. Natürlich leugnen alle Leute das. Das haben wir doch selber so lange gemacht! Wer von Ihnen will jetzt Schuld zugeben? Schweigen - und wir genieren uns ja sogar vor den Ehegatten noch. Es gibt in der Welt keinen Platz, wo Schuld vergeben werden kann: Es ist nicht im Islam, gibt’s nicht im Buddhismus, gibt’s nicht im Hinduismus. Da können sie in den Ganges eintauchen, aber sie kriegen doch die Schuld nicht los. Das königliche Priestertum: Jesus hat bezahlt. Das Blut Jesu Christi macht dich rein von aller Sünde. Ich darf das verkündigen und weitersagen. Aufbruch zu diesem Dienst! Tu das doch! Ein herrlicher Dienst, den wir haben. Ihr seid das auserwählte Geschlecht: Von Jesus dorthin gestellt, an deinen Platz - unter diesen Menschen. Und wenn die noch so spotten und ungläubig sind. - Wenn da auch keine Leute sind, mit denen du beten kannst. Der Herr wird dir welche zuschicken. Fang du an und such sie - und bau du Gemeinschaft mit anderen und dann sei du ein königliches Priestertum, diesen Dienst zu tun, Menschen freizusprechen. Es ist doch wunderbar, dass es Vergebung gibt.

 

Ich hab in meiner Gemeinde nie über das Thema Abtreibung geredet, weil ich wusste, wie viele es in diese schreckliche Schuld wieder hineintreibt. Wo geschieht Seelsorge an denen, die gefallen sind? Ich brauche das doch dauernd. Ich bin nie bei einer Evangelisation gesessen ohne selber ganz neu mit Jesus zu beginnen und Schuld zu bereinigen. Ich kann das Unterteilen oft gar nicht hören: Da sind die außen, da sind die innen. Wir innen brauchen es doch genauso, diese Vergebung. Und wir müssen es uns einander zusprechen. Das macht unsere Versammlungen so lebendig.

 

Ihr seid das heilige Volk, das Volk des Eigentums. Jetzt wird mir schier zu groß, dass Jesus bei uns Wohnung machen will. Heute Morgen sprachen wir vom Gehorsam. Liebe Schwestern und Brüder, nur mit einer ganzen Hingabe an die unverbrüchlichen Gottesordnungen können wir ihm dienen. Da ist heute so eine stille Aufweichung - auch bei den bibeltreuen Evangelikalen - das man sagt: Ach so (eng) muss man das nicht sehen. Wir werden uns doch wohl nicht um den Segen bringen. Was ist das, wenn der Herr sagt: Ich will dich überschütten mit Segen. Lesen Sies mal im fünften Mose-Buch. Meinst du, du kriegst irgendwo Glück in deinem Leben, wenn Du nur ein bisschen gegen Gott Sturm läufst. Er will dir doch im Leben alles schenken. So hat er dich doch geschaffen. Du kommst doch mit faulen Tricks nicht durch. Geh doch den Weg! Er will dich als Eigentum haben, als Volk des Eigentums, als heiliges Volk. Er will dein Leben durchdringen, erneuern und verändern. Geh doch heute wieder nach Haus. Aufbruch! Ich möchte Jesus dienen.

 

Dann reden wir auch in der Gemeinschaft ganz konkret von Versäumnissen und Schuld. Und das ist so ansteckend, wenn die anderen merken: Die reden ja immer ganz echt von sich. Wie hat Ludwig Hofacker gesagt: Was ich predige, dass ist das, was ich selber brauche! Vergebung für die Verlorenen, der Heiland für die Sünder.

 

Und nun noch das Letzte: Ihr sollt verkündigen die Wohltaten dessen, der euch gerufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht. Was ist das? Ich find das toll, wenn das heute offenkundig ist, für jeden, der ein wenig die Augen aufmacht. Das Evangelium von Jesus ist so allein, einzig. Wissen Sie, dass das die Menschen zieht. In allen Religionen der Welt, wenn Menschen zum Glauben kommen, kommen sie nur wegen Jesus. Und das ist so aufsehenerregend heute: Wenn Menschen erzählen und sagen, Buddhisten oder Moslem und sagen: Aber als die mir von Jesus erzählt haben. Ich bitte sie. Auch wenn in der Christenheit oft gar nicht mehr über Jesus geredet wird. Wenn alle anderen Themen auch einen Platz haben. Bleiben Sie bei dem einen Thema. Das Beste und für uns wichtige, das zieht die Leute. Erzählen Sie die Wohltaten: Was Jesus ihnen geschenkt hat. Erzählen Sie es ganz natürlich. So unkompliziert und gar nicht mit perfekten Sätzen und auch nicht abgelesen vom Papier, sondern wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Wissen Sie, das ist so herrlich in der Gemeinschaft: Lebenszeugnis. Der dir alle deine Sünden vergibt und heilt alle deine Gebrechen. Der Jesus, in dessen Hände sie einmal ihren Kopf legen dürfen beim Sterben und der sie nicht fallenlässt sondern der sie zur Herrlichkeit führt. Der sie ganz festhält in seiner Hand, dass nichts und niemand sie aus seiner Hand reißen kann. Erzählen Sie das den Menschen. Die Welt hungert nach diesem Zeugnis. Seien Sie ein Bote Jesu!

 

Ach Herr Jesus, wir wollen dir danken, dass du uns berufen hast und dass wir dir dienen dürfen. Wir wollen nicht klagen, wenn wir ganz allein sind, sondern wir wollen Deinen Verheißungen glauben und wissen, wo wir dich bekennen vor den Menschen, da wirst du uns auch bekennen vorm himmlischen Vater. Und gib es doch, dass wenn wir jetzt nach Hause kommen, wir viele zu dir führen dürfen und wir das den Angefochtenen und Verzweifelten sagen dürfen. Amen.