Predigten über die Bergpredigt - Teil 02/26 - Seltsame Heilige
Wolfgang Nestvogel
1995
Matthäus 5, 4-8
Bei unserer Predigtreihe über die Bergpredigt Jesu kommen wir heute zum zweiten Teil. Es geht um die Verse 4-8. Aber ich möchte zu Beginn noch mal den ganzen ersten Teil dieses Bibeltextes vorlesen. Originalton Jesu: „Als er (nämlich Jesus) aber das Volk sah, ging er auf einen Berg und setzte sich; und seine Jünger traten zu ihm. Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach: „Selig sind, die da geistlich arm sind, denn ihrer ist das Himmelreich! Selig sind, die da Leid tragen (oder wir könnten auch übersetzen, die da trauern), denn sie sollen getröstet werden! Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen! Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden! Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen! Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen! Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen! Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihrer ist das Himmelreich! Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch, wenn sie damit lügen. Seid fröhlich und getrost, es wird euch im Himmel reichlich belohnt werden. Denn ebenso haben sie verfolgt die Propheten, die vor euch gewesen sind.“
Wir beten noch einmal: Ach, Herr Jesus, danke, dass dein Wort mächtig ist, um unser Leben zu verändern, um uns aufzurichten, um uns zu trösten, zu korrigieren, wach zu rütteln. Herr Jesus, lass uns begreifen heute Morgen, was du mit deiner Bergpredigt bei uns verändern willst. Und hilf uns jetzt beim Reden und Hören. Amen!
Im Urlaub, da habe ich ein Versprechen eingelöst, Zirkusbesuch mit der ganzen Familie. Und eine Szene, die ist unseren Kindern besonders im Gedächtnis geblieben. Da ist ein Clown und der Clown will ein echtes Pferd nun dazu bewegen, dass es über eine Stange springt. Und der Clown tut sein Bestes, er klopft dem Pferd auf den Rücken, er zieht am Schwanz, er schiebt, er macht, was er nur tun kann. Aber das Pferd bleibt ganz ungerührt vor der Stange stehen. Und dann kommt der Dompteur rein, gibt dem Pferd Zucker, redet ihm ein bisschen gut zu und krault das Pferd hinter den Ohren. Ein kleiner Trick, zack, und drüber springt das Pferd, über die Stange. So einfach ist das. Und so stellen sich viele den Umgang mit der Bergpredigt, die Erfüllung der Bergpredigt, vor. Der Mensch ist so wie ein störrisches Pferd, aber wenn man dem Menschen gut zuredet, wenn man ihn richtig anleitet, ihm ein bisschen Zucker noch gibt, dann kann er vielleicht nach den Grundregeln der Bergpredigt leben.
So stellt sich das zumindest der Journalist Franz Alt vor. Auf sein Buch habe ich ja schon letzten Sonntag hingewiesen. Frieden ist möglich heißt es. Und wenn man das Buch richtig verstehen will, dann muss man es machen wie bei manchem Krimi, man muss von hinten anfangen zu lesen, denn der entscheidende Satz dieses Buches steht auf der letzten Seite. Da schreibt Franz Alt: „Weil wir so handeln können, wie Jesus sagt, darum sollen wir so handeln. Es hängt alles von unserem Willen ab.“ Und dann fügt er hinzu: „Bedenkt, dass ihr Menschen seid, und vergesst alles andere. Entscheidet euch gegen das Gesetz der Gewalt, für das Gesetz der Liebe. Arbeitet an der Überwindung des unmenschlichsten aller Dogmen, dass der Mensch unverbesserlich sei.“ Das ist also für Franz Alt das unmenschlichste Dogma, dass der Mensch unverbesserlich sei. Genau das aber behauptet die Bibel, das behauptet Jesus: Der Mensch ist unverbesserlich! Der Mensch, in der Sprache der Bibel, ist ein verlorener Sünder. Der Mensch kann sich nicht selbst gut machen. Franz Alt behauptet, der Mensch kann, wenn er nur will. Das heißt, diese faszinierende Bergpredigt, die kann eigentlich von jedem Menschen gelebt werden, sagt Franz Alt, wenn er nur genug Willen besitzt. Und so wird die Bergpredigt zum Tugendkatalog, mit dem man Leute erziehen kann, zum Besserungsprogramm für die Menschheit.
Liebe Gemeinde, wer so mit der Bergpredigt umgeht, der bricht ihr die Spitzen ab, der kann sie am Besten gleich wieder weglegen. Der macht sie harmlos, der macht aus einem Wasserfall ein Rinnsal. Denn die Bergpredigt, die ist viel radikaler. Die Bergpredigt, die will viel mehr. Der Bergprediger, der sagt nicht, ihr müsst bessere Menschen werden, sondern er sagt, ihr müsst total andere Menschen werden. Er sagt, es reicht nicht, wenn du auf den äußeren Mord verzichtest, schon der Hass in deinem Herzen ist ein Schwerverbrechen. Dass die Ehe nicht geschieden werden darf ist nach der Bergpredigt klar, aber Jesus sagt, bereits jeder begehrliche Blick, nach einem anderen Menschen als deinem Ehepartner – und das heißt doch wohl auch jede sexuelle Szene, die du genüsslich im Fernsehen ansiehst – zählt soviel wie Ehebruch. Jesus legt die Latte hoch, erschreckend hoch. Und wenn wir uns Menschen noch mal mit dem Pferd im Circus vergleichen, dann verlangt die Bergpredigt nicht nur von uns, dass wir über die Stange drüberspringen, das lässt sich mit gutem Willen und einem Stückchen Zucker wohl noch hinkriegen. Nein, die Bergpredigt verlangt von uns Pferden, dass wir uns in die Lüfte erheben und davonfliegen. Und wir fragen zu Recht: Wie soll ein Pferd fliegen können? Dazu müsste ein Pferd erst einmal ein Vogel werden. Dann könnte es fliegen. Wenn wir anders wären, dann könnten wir auch anders handeln. Und damit sind wir am Kern unseres Problems. Solange ein Pferd ein Pferd bleibt, wird es nicht fliegen. Darauf gebe ich ihnen mein Wort. Ja, ich kann auf das Pferd einprügeln, ich kann dem Pferd gut zureden, aber es wird nicht fliegen. Ich kann dem Pferd sagen, du sieh doch mal die Vögel da oben, nimm dir mal ein Beispiel an den Vögeln, wie die schön fliegen, versuch es doch auch mal. Das Pferd wird nicht fliegen.
Die Bergpredigt sagt, solange ein normaler Mensch ein normaler Mensch bleibt, kann er nicht fliegen, kann er nicht mit der Bergpredigt leben. Auch wenn er vielleicht den einen oder anderen Charakterzug der Bergpredigt ganz sympathisch findet, aber die ganze Bergpredigt kann ein normaler Mensch nicht schlucken. Manche nehmen sich ja so einzelne Vers- oder Satzstücke der Bergpredigt gerne heraus, zum Beispiel den Satz: Selig sind die Friedensstifter: Manche, die diesen Satz auf ihre Fahnen geschrieben haben, haben genau so lautstark für die Abtreibung demonstriert, obwohl die Bergpredigt Tötung verbietet. Und manche, die in der Politik Feindesliebe predigten, haben sich in der Ehe ganz selbstverständlich, so von Zeit zu Zeit, einen kleinen Seitensprung erlaubt. Die ganze Bergpredigt, die kann der normale Mensch nicht schlucken. Aus dem Pferd muss ein Vogel werden. Aus dem normalen Menschen muss ein Christ werden. Wie wir letzten Sonntag sagten, ein Mensch mit einer doppelten Staatsbürgerschaft. Staatsbürger in Deutschland meinetwegen und Staatsbürger im Himmel. Dann kann er anfangen mit der Bergpredigt zu leben.
Oder, wenn wir es noch weiter zuspitzen wollen, aus einem Weltmenschen muss ein Heiliger werden, wenn er nach der Bergpredigt leben will. Und Heiliger, dass bedeutet nicht ein Mönch zu sein, der sich irgendwo zurückzieht, sondern ein Heiliger, sagt die Bibel, ist ein Mensch, der zu Gott gehört, der in erster Linie zu Gott gehört. Und für diese Leute, sagt Jesus, ist die Bergpredigt gedacht. Für diejenigen, die im Reich Gottes leben, in dem Reich, in dem Jesus herrscht, in dem Jesus das Sagen hat. Und wenn wir fragen: Ja bitteschön, wo ist denn dieses Reich? Dann macht Jesus deutlich, dieses Reich ist jetzt schon da, wenn auch noch unsichtbar. Dieses Reich von Jesus ist überall da, wo Menschen ihm gehorchen und ihm nachfolgen. Und Jesus macht genau so deutlich, dieses Reich wird aber einmal völlig sichtbar werden, nämlich dann, wenn Jesus seine Macht jedem offenkundig erscheinen lassen wird, wenn er sein endgültiges Reich einrichtet. Und für die Heiligen, für die Christen, heißt das also, das Beste kommt noch. Wir leben jetzt in einem Königreich von Jesus, das noch unsichtbar ist, aber in der Zukunft, da wird s noch viel, viel besser. Matthäus 5, 12 sagt ja, wir werden einen großen Lohn im Himmel bekommen. Aber auch jetzt haben wir schon, wenn wir in diesem Reich leben, ganz massive Vorteile. Halten Sie das bitte fest.
Wenn ein Pferd fliegen will, muss es erst ein Vogel werden. Das geht nicht. Wenn ein Mensch mit der Bergpredigt leben will, dann muss er erst ein Heiliger werden, ein Bürger im Reich Gottes. Und das geht, Gott sei Dank! Aber wie? Wie wird man ein Heiliger, wie wird man ein Bürger im Reich Gottes? Wie bekommt man diese zweite Staatsbürgerschaft? Die Antwort ist eigentlich einfach. Jesus sagt, wenn ich mich dem König dieses Reiches unterwerfe, wenn ich mich Jesus unterwerfe, wenn ich den Bergprediger zum Chef meines Lebens mache, dann komme ich rein in dieses Reich. Und das heißt, wer mit der Bergpredigt leben will, wer dieses faszinierende Leben, das Jesus da beschreibt, erfahren will, der braucht eine persönliche Beziehung zum Bergprediger. Und wie man die bekommt haben wir letzten Sonntag gesehen. Das steht in der ersten Seligpreisung, in Vers 3, die gewissermaßen das Eingangstor ist. Selig sind die geistlich Armen, denn ihnen gehört das Himmelreich. Und wir hatten gesagt, geistlich arm, das hat nichts mit einem vollen oder leeren Portemonnaie zu tun, auch nicht mit einem etwas schlechter oder besser ausgestatteten Verstand, sondern arm im Geist beschreibt unsere Beziehung zu Gott. Geistlich arm, das heißt, ich sehe meine Hilflosigkeit vor Gott ein, ich melde Konkurs an vor Gott. Ich erkläre meine Zahlungsunfähigkeit, ich gebe zu, Gott, ich kann vor dir nicht so bestehen wie ich bin.
Und dann kommt der Bergprediger, dann kommt Jesus, und sagt, komm her zu mir. Ich komme für deine Schulden auf, ich vergebe dir. So komme ich rein, in dieses Reich. Ich melde Konkurs an, das heißt, ich bin nicht länger der strahlende Chef meiner eigenen Firma. Und Jesus sagt, wenn du soweit bist, dass du nicht mehr der strahlende Chef deiner eigenen Firma bist, dann kannst du bei meiner Firma einsteigen, dann darfst du in meinem Imperium, in meinem Reich dabei sein. Dann darfst du in meinem Reich leben, als mein Untertan, wo ich König bin. Und dann geht es los mit der Bergpredigt. Die Bergpredigt beschreibt also, was es heißt, in der Firma von Jesus, unter der Herrschaft von Jesus zu leben. Jesus hat das auch mal genannt, unter seinem Joch leben. Und Sie wissen, was das für ein Ding ist, ein Joch. Meistens ist es aus Leder und man legt es den Lasttieren über den Nacken, damit sie ihre Last besser ziehen können. Und Jesus hat gesagt, wer unter meiner Führung leben will, der soll sich mein Joch über den Nacken legen lassen.
Bevor wir jetzt in diese Verse einsteigen, in diese brisanten Verse, in diese steilen Forderungen, müssen wir noch eins festhalten. Jesus hat gesagt, mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht. Dieses Joch, das fühlt sich nicht immer leicht an, aber Jesus sagt, wenn ich euch mein Joch drüberlege, dann gebe ich euch auch die Kraft, das zu tragen. Und das Joch selbst ist ja schon eine Hilfe beim Ziehen. Mit dem Joch kann das Tier die Last viel leichter ziehen, mit dem Joch bleibt es in der Spur. Und so sagt Jesus, nehmt auf euch mein Joch, denn mein Joch ist sanft. Jesus ist kein Schinder. Unter dem Joch von Jesus da scheuert er uns nicht wund. Die Bergpredigt ist kein Knüppel, mit dem Jesus uns in die Ecke treibt. Sondern die Bergpredigt ist ein Regierungsprogramm. Die Bergpredigt ist sein Regierungsprogramm mit dem er seine Staatsbürger zu starken Persönlichkeiten machen will. Und wir werden sehen, Jesus ist ein liebevoller König. Jesus ist ein König, der seine Leute zum Aufblühen bringt. Und das stimmt. Wenn ein Mensch sich Jesus unterwirft, dann beginnt eine ganz besondere Pflanze zu wachsen. Dann wird aus diesem Menschen ein ganz besonderes Gewächs.
Ein Christ ist immer besonders originell. Ein Christ kann immer gespannt darauf sein, was Gott alles noch aus ihm macht. Und deshalb diese Überschrift Seltsame Heilige. Nicht weil die Christen albern sind, sondern weil das höchst erstaunlich ist in den Augen der Welt, was Gott mit seinen Leuten macht. Heilige sind beneidenswert, selig sind die, glücklich, zu beglückwünschen sind die, die geistlich arm sind, die trauern, die zum Reich Gottes gehören. Und ich habe mich gefragt: Wie kannst du dieses Portrait der Heiligen in Vers 4-8 so beschreiben, dass die Leute nicht einschlafen und dass es sich einigermaßen einprägt? Und da kam mir die Idee mit dem vierblättrigen Kleeblatt. Das hat nichts mit Glücksklee und Kaffeemilch zu tun. Der Charakter der Heiligen, die hier in den Versen 4-8 beschrieben werden, der lässt sich darstellen als ein vierblättriges Kleeblatt. Sie können es erkennen. Zunächst, dieses Kleeblatt, so ein Heiliger, so ein Christ wächst nur im Reich Gottes, nur in Gottes Garten. Das Kleeblatt lebt also nicht für sich, es bezieht seine Nahrung aus der unmittelbaren Verbindung mit dem Reich Gottes. Jedes kluge Kleeblatt weiß, ich bin angewiesen auf fremde Ernährung. Ich kann mich nicht einfach in ein Glas ohne Wasser reinstellen und irgendwie als Kleeblatt wachsen. Das funktioniert nicht. Der Heilige weiß, ich bin angewiesen auf den Bergprediger, auf seine Nahrung. Und aus dieser persönlichen Verbindung mit dem Bergprediger erwächst dann das Leben, die Pflanze.
Und das erste Blatt, was da sichtbar wird, am Stängel, das erste Blatt heißt Trauer, Vers 4. Seltsame Heilige, sie sollen trauern. Worüber denn? Selig sind, die da trauern, denn sie sollen getröstet werden. Trauer ist das erste Blatt. In unserer Gesellschaft ist Trauer nicht gerade in. Da sagt man, Leute, seid fröhlich, lasst nicht so erkennbar werden, wenn es in euch nicht stimmt. Laute Musik, immer schön ein fröhliches Lächeln aufgesetzt haben, darauf kommt es an. Und Jesus sagt, wage zu trauern. Was meint er damit? Glücklich, glückselig sind, die da trauern. Damit meint er nicht die Leute, die immer schlechte Laune haben und mit so einem Nord-Süd-Gesicht rumlaufen. Die meint er nicht. Sie wissen ja, es gibt das Nord-Süd-Gesicht und es gibt das Ost-West-Gesicht. Also Jesus meint nicht die Leute mit einem Nord-Süd-Gesicht. Der Zusammenhang der zeigt, es gibt eine besondere Trauer, die bringt den Menschen näher zu Gott. Und das ist die Trauer über meine Schuld, über meine Sünde. Vers 4 folgt zwingend aus Vers 3. Wenn ich meinen erbärmlichen Zustand vor Gott erkenne, dann kann ich nicht einfach fröhlich zur Tagesordnung übergehen, sondern das bringt mich erst einmal zum Erschrecken über mich selbst, wenn ich sehe, wie schuldig ich vor Gott dastehe. Das geht uns doch schon dem Ehepartner gegenüber so. Wenn wir merken wir haben ihn verletzt, wir haben ihm unrecht getan, dann macht uns das traurig. Und diese Trauer ist hier gemeint. Wenn einem klar wird, ich habe Gottes Liebe bisher mit Füßen getreten. dann wird er bei aller Erleichterung über die Vergebung, die Gott ihm anbietet, auch erschrecken. Je mehr ein Mensch die Reinheit Gottes kennenlernt, umso mehr erschrickt er über seine eigene Schuld. Je mehr mir klar wird wie sehr Gott mich lieb hat, umso mehr schmerzt mich, dass ich oft so kalt ihm gegenüber bin. Es ist ein Segen, wenn Gott uns in diese Trauer immer wieder reinführt, denn in dieser Trauer lernen wir Gott ernst zu nehmen. In dieser Trauer erahnen wir, wie sehr ihn unsere Schuld beleidigen muss. Und unser Gewissen bleibt weich und sensibel. Ich denke es ist ein Problem auch unter vielen Christen, dass sie ein viel zu lockeres Verhältnis zur Sünde haben. Und das führt immer zu Oberflächlichkeit. Wer trauert denn darum, dass er sein Leben durch Schuld belastet? Wen von uns zerknirscht das denn, wenn wir Dinge tun, die Gott hasst? Wie geübt sind wir darin uns schnell zu vertrösten und selbst zu entschuldigen. Und je besser wir in bestimmten psychologischen Schulen zu Hause sind, umso leichter ist es für uns, unsere Sünde einfach wegzuerklären. Und sowieso soll man nicht so viel über Schuld reden, das macht die Leute nur noch depressiver als sie ohnehin schon sind.
Jesus sagt, selig sind, die Trauern. Es ist heilsam. Es ist heilsam, wenn du über dich selbst traurig wirst, weil dein Gewissen wieder zu schlagen beginnt. Weil es dich davor bewahrt, zu stürzen. Und weil du nur so den kostbaren Trost erfährst, den Gott dir anbietet. Denn sie sollen getröstet werden. Das ist doch klar, je deutlicher ich meiner Schuld ins Gesicht sehe, umso mehr muss ich doch drüber staunen: Mensch, Gott, du bist mir ja immer noch gnädig, trotz meiner Schuld. Und wenn ich diesen Trost erfahre, dass er mir immer wieder vergibt, wenn ich ankomme, dann wird das Vertrauensverhältnis zu Gott immer enger. Glücklich wer trauern kann über seine eigene Schuld, sagt Jesus. Aber wer über die eigene Sünde trauert, der kann auch der Schuld, der Sünde um sich herum nicht gleichgültig gegenüber stehen. Wer trauern kann, der wird nicht zynisch zusehen, wenn ein anderer sich in Schuld verstrickt. Sondern, wer trauern kann, der wird die Menschen immer mehr mit den Augen Jesu sehen. Und wir lesen im Neuen Testament, dass Jesus geweint hat über die Menschen, die sich von ihm abkehrten, weil er wusste, was das für Folgen haben würde für diese Menschen. Wenn wir anfangen über die Sünde zu trauern, dann bekommen wir ein brennendes Herz und dies brennende Herz wird uns dazu treiben alles zu tun, um den Verlorenen, den in Schuld verstrickten, zu helfen. Wenn wir sehen, dass jemand sein Leben mit Alkohol kaputtmacht, dann werden wir nicht einfach zugucken und sagen: Na ja, der macht sich auch kaputt. Und wenn wir mitkriegen, wie Kinder in unserem Land zur Wegwerfware werden, dann können wir nicht einfach stillsitzen und die Hände in den Schoß legen. Und wer begreift, dass die Mehrheit seiner Mitschüler oder -kommilitonen von Gott nichts wissen will, der kann sich nicht einfach innerlich zurücklehnen und sagen: Ihr seid selber Schuld.
Vor einigen Tagen saß ich mit einem bewähren Christen, der entscheidend mitbeteiligt war am Aufbau einer großen landeskirchlichen Gemeinde in Bremen, einer großen missionarischen Gemeindearbeit. Und dieser sagte: „Als wir anfingen, wir haben geweint über diese Stadt. Wir haben geweint über diese Stadt und über diese Menschen, die dort verloren gingen. Und das hat uns angetrieben.“ Trauer bewahrt vor Gewöhnung. An Gewöhnung an meine eigene Schuld und an die Schuld der Anderen. Glücklich, glückselig sind die Trauernden, sagt Jesus, denn Gott wird sie trösten. Glückselig wenn wir trauern und dann merken, wie Gott unsere Gebete erhört, wie er Menschen, die völlig auf Abwegen schienen, plötzlich zurückholt. Wenn sie plötzlich offen werden für das Evangelium. Wenn sie plötzlich anfangen nachzudenken. Das ist ein herrlicher Trost. Und wo keine Besserung sichtbar wird, wo wir uns um Leute bemühen, bei denen es scheinbar nichts bringt? Auch da wird Gott uns trösten. Auch da sagt Gott uns: Lass es meine Sorge sein. Vertrau mir. Ich mache keinen Fehler. Ein kleines Mädchen hat den Nagel auf den Kopf getroffen, als sie zu ihrer Mutter sagte: Du, Mama, der liebe Gott muss ein großes Taschentuch haben. Und die Mutter wunderte sich und fragte: Wieso? Und da kam das kleine Mädchen mit dem Bibelvers aus Offenbarung 21, wo steht: Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen. Das Kind hatte Recht. Gott hat ein großes Taschentuch. Er tröstet die, die Trauern über ihre Schuld und die Schuld Anderer. Wagen Sie zu trauern und Sie werden staunen, wie liebevoll Gott sie tröstet. Das ist also das erste grünende Blatt, dass Jesus bei seinen Heiligen wachsen lässt, eine Trauer, die froh macht.
Tja, und dann sprießt schon das nächste Blatt daneben. Da geht es um eine besondere Form von Mut, nämlich um Sanftmut. Eine Sanftmut, die stark macht. Selig sind die Sanftmütigen, heißt es in Vers 5, denn sie werden das Erdreich besitzen. Und da sagt uns unsere Gesellschaft: So ein Quatsch! Selig sind die, die Ellenbogen haben, die sich durchsetzen können, denn sie werden Erfolg haben. Aber die Sanftmütigen? Wir dürfen keine voreiligen Schlüsse ziehen. Wir müssen erst einmal fragen: Was meint Jesus denn mit Sanftmut? Diese Begriffe hier in der Bergpredigt die verleiten ja dazu, sie rauszubrechen und in sie irgendwie willkürlich das reinzulegen, was man reinlegen will. Was meint Jesus mit Sanftmut? Es gibt einen Schlüssel dafür. In Matthäus 11 hat Jesus sich selbst als sanftmütig bezeichnet. Ist ihnen das schon einmal aufgefallen? Da sagt Jesus: Ich bin sanftmütig. Und daran sehen wir erst mal, was Sanftmut nicht ist. Sanftmut ist nicht Schwäche. Sanftmut ist nicht einfach Nettigkeit, ach, der ist immer so sanftmütig und zurückhaltend. Sanftmut heißt nicht, dass ich meinen Mund halte und alles hinnehme. Jesus hat Schuld Schuld genannt. Sanftmut bedeutet nicht, dass ich Missstände einfach so stehen lasse. Jesus ist in den Tempel reingegangen und hat diejenigen, die den Tempel missbraucht haben, rausgeschmissen, mit Gewalt, hat ihre Tische umgeworfen. Also Sanftmut heißt nicht, dass ich Missstände einfach hinnehme. Sanftmut heißt auch nicht, dass ich Konflikte vermeide. Was hat Jesus sich angelegt mit den Pharisäern. Sanftmut ist keine Temperamentsfrage und erst recht nicht Entscheidungsschwäche und Willenlosigkeit.
Ja, was ist Sanftmut dann? Wir sehen es an Jesus. Er sagt, es ist meine Speise, dass ich den Willen meines Vaters tue. Also, Sanftmut heißt, ich ordne mich dem Willen Gottes unter. Ich verzichte darauf mich selbst durchzusetzen. Ich will mich nicht selbst groß rausbringen. Sanftmut ist freiwilliger Machtverzicht im Vertrauen auf Gottes Macht. Als Jesus in Gethsemane Angst hatte vor dem, was dann am Kreuz auf ihn zukommen würde, da sagt er: Herr, wenn es eine Möglichkeit gibt mir diesen Weg zu ersparen, dann bitte ich darum. Aber dein Wille geschehe. Das ist Sanftmut. Und wer sich so unter Gott sieht, sich und alle anderen Menschen, tja, der wird auf Selbstrechtfertigung verzichten. Jesus hat sich seinen Feinden gegenüber nie krampfhaft selbst gerechtfertigt. Studieren Sie mal die Passionsberichte. Er hat falsche Sachen nicht stehen lassen. Er hat die Skandale in ihrem Unrechtsprozess schon aufgedeckt, aber er hat nicht verbissen um sein eigenes Recht gekämpft, weil er sanftmütig war. Und so hat es Paulus gesagt. Paulus sagte, ist doch nicht schlimm, wenn sie schlecht über euch reden, Hauptsache sie lügen damit. Ist doch nicht so schlimm. Und sehen Sie, wenn wir so den Rücken frei haben von der Sorge um uns selbst und um unser eigenes Recht, dann können wir umso besser für die Wahrheit kämpfen. Dann können wir abstehen von der eigenen Person und dann müssen wir nicht immer gleich einschalten die Frage: O, wenn du das jetzt sagst, was werden sie dann von dir denken? Und wenn du dich so weit zum Fenster raushängst, wie wird das deinem Image bekommen? Sanftmut macht frei und gelassen.
Abraham ist ein Musterbeispiel für Sanftmut. Als er sich gestritten hat mit Lot seinem Neffen und die Hirten der beiden nicht miteinander klar kamen, da hat Abraham gesagt: Komm, es ist doch genug Land da Lot. Such dir aus in welche Richtung du gehen willst. Abraham wäre der Ältere gewesen, er wäre der Chef gewesen. Er hätte sagen können: So, ich gehe jetzt hier hin und du gehst da hin. Aber Abraham war sanftmütig. Er sagte: Lot bitte such es dir aus. Woher kommt diese Freiheit? Diese Freiheit kommt aus der Gewissheit, dass alles in Gottes Hand liegt. Wenn ich weiß, er sorgt für mich, er kämpft für mich, ich bin unter ihm und kein anderer Mensch kann etwas tun, was er nicht zulässt, - man was werden wir frei. Sanftmut hat nichts mit Temperament zu tun, sondern Sanftmut bedeutet wir sind verankert in Gott. Und die Folgen, die sind dann mit Händen zu greifen. Ich denke unser Umgang mit Menschen wird milder werden, sanfter. Wir müssen nicht mehr ständig so die Drohgebärde aufblitzen lassen. Wir haben es nicht nötig andere einzuschüchtern. Und wenn ich so auf meine Selbstrechtfertigung verzichte, dann werde ich frei von Rachegedanken. Dann wird es mir nicht mehr so leicht fallen meine kleinen und großen Gemeinheiten einzusetzen. Und wenn ich diese Stärke bekomme, die aus der Sanftmut erwächst, dann muss ich mich nicht ständig in einem Imponiergehabe darstellen, sondern dann kann ich mich auch mal zurückstellen. Dann kann ich mal in der zweiten oder dritten Reihe bleiben. Dann habe ich auch ein größeres Maß an Selbstbeherrschung, weil ich nicht ständig am rotieren bin, wie denn nun selber gut rauskomme. Also Sanftmut ist ein ganz entscheidender Charakterzug für Christen.
Er beschreibt zunächst einmal meine Unterordnung unter Gott und das hat dann massivste Auswirkungen auf meinen Umgang mit anderen Menschen. Und diesen Sanftmütigen, denen wird etwas Großartiges versprochen, sie werden das Erdreich besitzen. Das heißt, sie werden nicht nur hier auf der Erde schon eine starke Position haben, weil sie zu Gott gehören, weil unsere Sache ja in den Händen des Stärksten liegt, nein, für die Zukunft gilt das erst recht. Die Sanftmütigen werden die Welt besitzen. Paulus schreibt mal in 1. Korinther 6, die Heiligen, also die Leute, die zu Jesus gehören, die werden die Welt richten. Wir werden sogar die Engel richten, schreibt Paulus da. Und in einer anderen Stelle sagt er, wir werden mit Christus zusammen miterben. Wir werden die Welt erben, wir werden, wenn wir seltsame Heilige sind, Anteil haben an der ewigen Welt Gottes. Das ist doch unvorstellbar. Das wird versprochen den Sanftmütigen und darum sind sie zu beglückwünschen. Wenn sie stark werden in der Unterordnung unter Gott. Das ist das zweite grünende Blatt, das Jesus bei seinen Heiligen wachsen lässt, eine Sanftmut, die stark macht.
Und dann kommt schon das dritte Blatt heraus, ganz unverkennbar, neben dem zweiten. Und was meinen Sie, was das ist? Wenn mein Wille von Gott bestimmt wird, wenn mir seine Ziele wichtig werden, dann bekomme ich einen ganz neuen Geschmack, dann bekomme ich einen ganz neuen Hunger. Und dieser neue Hunger, das ist das dritte Blatt. Das ist die Entdeckung, die wir in Vers 6 machen. Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit. Wonach hungern Menschen nicht alles, nach Liebe, nach Anerkennung, nach Ruhm, nach Reichtum. Jesus sagt, die seltsamen Heiligen, die haben diesen Hunger sicherlich auch irgendwo, der steckt ja bestimmt in jedem von uns. Aber nach und nach wird dieser Hunger überlagert von einem anderen Hunger. Selig sind, die da hungert und dürstet nach Gerechtigkeit. Und wieder müssen wir genau hingucken. Was ist mit Gerechtigkeit gemeint? Das müssen wir hier im Zusammenhang sehen. Wer über seine Sünde trauert und wer dann sein ganzes Geschick in Gottes Hand legt, wonach sehnt er sich?
Dass sein Leben immer mehr dem entspricht, was Gott eigentlich will. Und das meint das Matthäusevangelium mit Gerechtigkeit, dass ich immer mehr im Einklang lebe mit Gottes Plan. Ein Leben in Übereinstimmung mit dem, was Gott will. Und danach haben die seltsamen Heiligen einen starken unersättlichen Hunger, dass sich Gottes Wille in meinem Leben durchsetzt, dass mein Wille immer mehr von seinem Willen bestimmt wird. Kennen Sie diesen Hunger? Ein schottischer Christ hat mal gesagt: O Gott mache mich bitte so heilig wie ein alter Sündermann eben werden kann. Kennen Sie diesen Hunger? Aus dem ersten Weltkrieg wird berichtet, dass eine Gruppe von Soldaten in Palästina in die Wüste gerät, in kürzester Zeit werden ihre Münder trocken, der Kopf beginnt zu schmerzen, die Lippen fangen an zu schwellen, Wahnvorstellungen machen die Runde und kein Wasser in Sicht. Und alle wissen, wenn wir bei Einbruch der Dunkelheit nicht die Brunnen von ??? erreichen, dann werden hunderte von uns sterben. Und so kämpfen sie um ihr Leben diese verdurstenden Leute und schließlich kommen sie an, an dem Brunnen – und jetzt muss das Wasser verteilt werden. Und es ist klar, diejenigen, die noch etwas bei Kräften sind, müssen als Wachen darauf achten, dass die Verwundeten und die Schwachen zuerst trinken können. Es dauerte vier Stunden, vier Stunden bis alle getrunken haben. Und während dieser vier Stunden stehen die Wachen nur etwa drei Meter vom Wasser entfernt, nach dem sie sich seit Tagen gesehnt haben. Und erst dann dürfen sie trinken. Und einer der Offiziere sagte später: Ich glaube, dass wir alle unsere erste Bibellektion auf diesem furchtbaren Marsch zu den Brunnen von ??? lernten.
Wenn so unser Durst nach Gott wäre und unser Hunger nach seiner Gerechtigkeit, die er verschenkt. Wenn wir solchen Durst nach ihm hätten, einen verzehrenden, alles beherrschenden Durst nach Gott, wie anders würde dann unser Leben aussehen. Seltsame Heilige, sie haben einen unersättlichen Hunger danach, dass Gottes Wille in ihrem Leben sich immer stärker durchsetzt. Und sehen Sie, das zieht weite Kreise. Wenn ich will, dass Gottes Wille in meinem Leben geschieht, dann habe ich auch Sehnsucht, dass Gottes Wille überall geschieht. Und deshalb haben gerade Christen immer besonders soziale Verantwortung übernommen. Die Abschaffung der Sklaverei und viele andere soziale Errungenschaften sind entscheidend mitbewegt worden von Christen, die Hunger und Durst hatten nach Gottes Gerechtigkeit. Und diesen Leuten macht Jesus ein klares Versprechen. Hier steht, sie sollen satt werden. Diesen Heiligen passiert etwas Seltsames. Sie werden gesättigt, aber sie werden nicht überdrüssig. Die werden gesättigt und bekommen immer mehr Hunger nach dieser Heiligkeit. Warum? Das ist doch ganz klar. Je ähnlicher ich Gott werde, je heiliger ich werde, umso mehr erkenne ich noch die Sünden, die in meinem Leben sind, umso stärker wird mein Wunsch, ihm immer noch mehr ähnlich zu werden. Wir werden gesättigt und wir werden gleichzeitig immer hungriger danach, dass Gottes Wille sich immer mehr in unserem Leben durchsetzt. Die seltsamen Heiligen die sagen nicht: Ach jetzt bin ich heilig genug, Gott, das reicht jetzt mal, so kannst du mit mir zufrieden sein. Nein, sie haben immer und immer mehr Hunger. Einfach gesagt, wir können nie fromm genug werden, nie heilig genug. Kennen Sie diesen Hunger, dass Gottes Wille ihr Leben noch mehr bestimmt? Das ist dann das dritte Blatt im Kleeblatt. Die seltsamen Heiligen haben einen seltsamen Hunger. Der wird gesättigt und immer stärker zugleich.
Und daraus folgt dann ganz logisch das letzte Blatt im Kleeblatt, nämlich die Barmherzigkeit, Vers 7. Jesus sagt: Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. Wer immer heiliger wird, der wird sich gerade nicht um sich selbst ständig drehen. Sondern je mehr Gott mich prägt, umso mehr öffnet er mir die Augen für die Bedürfnisse meiner Mitmenschen. Je mehr Gott mich prägt umso sensibler wird mein Gewissen, umso weicher wird mein Herz. Sehen Sie, wer diesen verzehrenden Hunger nach Gottes Gerechtigkeit in seinem eigenen Leben hat, der wird zur Barmherzigkeit hingetrieben. Und Barmherzigkeit bedeutet, dass ich mich reizen lasse von der Not des Anderen, dass ich mich rufen lasse, wenn ich sehe, dass einer in Schwierigkeiten kommt, dass ich mich rütteln, dass ich mich aufrütteln lasse. Dieses Haus des Lebens (help center e.V.), das ist ein Ergebnis davon, dass diese Christen aufgerüttelt worden sind von der Not um sie herum. Und sie haben gesagt, wir können nicht länger zusehen, dass da noch mehr Frauen ihre Kinder töten. Wir müssen sie aufnehmen, wir müssen ihnen helfen. Selig, sagt Jesus, sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
Das heißt nicht, dass wir uns durch unsere Barmherzigkeit Gottes Barmherzigkeit verdienen können. Gottes Barmherzigkeit beginnt ja schon viel früher. Schon lange bevor ich barmherzig wurde, war Gott längst barmherzig zu mir. Aber wenn er mir seine Barmherzigkeit schenkt, dann werde ich sie weiter schenken an die anderen und ich werde drin bleiben in diesem Barmherzigkeitskreislauf, dass Gott mich immer neu speist und dass ich immer neu weitergeben kann. Selig sind die Barmherzigen. Das ist das vierte Blatt, das Jesus bei seinen Heiligen wachsen lässt. Eine Barmherzigkeit, die andere heil macht. Das Kleeblatt ist voll, nur in der Mitte, da ist noch ein Platz frei. Und Sie ahnen vielleicht schon, was jetzt kommt. Wenn wir uns die Charakterzüge des Christen angucken, Trauer über die Sünde, Sanftmut, Hunger nach Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, dann wird klar, Christsein ist ein Fulltimejob. Wenn ich Christ werde, dann ist das nicht etwas, was zu meinem sonstigen Leben noch dazu kommt, sondern dann belegt mich das völlig mit Beschlag 365 Tage im Jahr, 31 Tage im Monat, 24 Stunden am Tag, 60 Minuten pro Stunde, 60 Sekunden pro Minute, bei jedem Herzschlag. Die Bergpredigt, die setzt nicht außen an bei dem was wir tun sollen, sondern Jesus setzt innen an, bei dem was wir sind. Dieses Kleeblatt das ist ein Charakterbild und der Charakter lässt sich ausdrücken in einem einzigen Satz, der alles zusammenfasst und das ist der Vers 8: „Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.“ Seltsame Heilige haben ein reines Herz.
Was Jesus über den normalen Menschen und sein normales Herz sagt, das sieht anders aus. In Matthäus 15, 19 sagt er, dass aus dem Herzen lauter böse Dinge kommen. Ich kann Ihnen das noch einmal vorlesen, damit Sie mir glauben. In Matthäus 15, 19 sagt Jesus ganz deutlich: Aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, Lüge, Lästerung. Aber Jesus sagt, wer diesen Weg geht, wer das einsieht, wie er mit leeren Händen vor Gott steht, der wird verändert. Und diese Veränderung, die geht so weit, sagt Jesus, dass das größte Dreckloch, was es auf dieser Welt gibt, und das größte Dreckloch auf dieser Welt ist das Herz des Menschen, rein wird. Bürger im Reich Gottes sind seltsame Heilige, denn sie haben ein reines Herz. Sie sind nicht sündlos, aber sie haben ein Herz, das empfindlich auf Sünde reagiert. Die Bibel vergleicht unser Herz oft mit dem Auge und wenn Sie in Ihr Auge einen Fremdkörper hineinbekommen, dann wird Ihr Auge so lange tränen, bis der Fremdkörper wieder draußen ist. Und das ist mit dem reinen Herzen gemeint. Die seltsamen Heiligen haben ein Herz, das sich nicht einfach abfindet mit der Sünde, ein Herz, das sensibel gemacht worden ist von Jesus. Und deswegen lassen sie ihr Herz immer wieder reinigen, deswegen kommen sie immer wieder zu Jesus, legen ihm immer wieder ihre Schuld vor und sagen: Herr, da bin ich wieder reingefallen, da bin ich wieder schuldig geworden, bitte vergib mir. Und deswegen ist es wichtig, wenn wir zu diesen seltsamen Heiligen gehören wollen, dass wir unser Leben immer wieder prüfen, dass wir unser Leben immer wieder der Bibel aussetzen.
Und ich habe für mich persönlich festgestellt und deswegen war die Predigtvorbereitung auch so anstrengend, wie gerade diese Bergpredigt ein Spiegel ist, in dem ich mich selbst und meine Schuld erkenne. Diese Bergpredigt ist wie ein Test, der meinen Glauben prüft. Die Bergpredigt ist wie ein Röntgengerät, mit dem der Bergprediger mein Herz durchleuchtet. Und wenn wir in den einzelnen Blättern drum herum Probleme haben, dann weil unser Herz immer wieder angenagt wird. Aber Jesus sagt, ich werde es immer wieder rein machen, jeden Tag. Und dann sehen Sie zum Schluss dieses großartige Versprechen: Selig sind die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen. Das heißt, die reinen Herzens sind, die werden schon auf dieser Welt lebendigen Kontakt zu Jesus haben. Sie werden zu ihm beten können, sie werden merken, wie sein Wort zu ihnen spricht. Aber auch da gibt es in der Zukunft noch viel, viel mehr. Gott sagt sehr deutlich, dass wir ihn einmal sehen werden von Angesicht zu Angesicht. Wir werden direkt bei ihm sein. Und dann wird uns nichts mehr von ihm trennen können. Aber nur der wird Gott schauen, der ein reines, der ein gereinigtes Herz hat. Ich kann nicht sagen, ich bin zwar Christ, aber ein reines Herz ist mir nicht so wichtig. Die Bergpredigt gilt für alle Christen.
Und sehen Sie, wenn Gott einen seltsamen Heiligen in seinem Garten wachsen lässt, dann macht Gott keine halben Sachen. Dann wird da nicht ein verkrüppeltes ein- oder zweiblättriges Kleeblatt draus, sondern dann wird das ein volles vierblättriges Kleeblatt. Wenn einer unter die Herrschaft des Bergpredigers kommt, dann wird er völlig erneuert. Und somit bietet diese Bergpredigt einen brisanten Test für uns alle. Die Frage heißt nicht: Bin ich schon so, wie Jesus das beschreibt? Jesus sagt deutlich, wir werden so richtig vollkommen erst im Himmel sein. Diese Blätter die wachsen allmählich. Das ist nicht die Frage, ob ich schon so vollkommen bin. Sondern die Frage ist: Haben Sie Sehnsucht danach, so zu werden? Und das ist der Test auf die Echtheit meines Christseins. Wer sagt: „ach, so wichtig ist das doch nicht, ich hab zwar meine Fehler, aber über meine Sünde trauern, das ist doch fanatisch“, der muss sich von der Bergpredigt fragen lassen, ob er wirklich schon drin ist in dem Reich, in dem der Bergprediger regiert. Und wer sagt: „Sanftmut, ach, Sanftmut will ich gar nicht, das ist doch übertrieben, dass ich mich da Gott unterordnen soll. Ich glaub an Jesus, ich hab mich mal für ihn entschieden, ich arbeite in der Gemeinde mit, aber das muss doch nun wohl reichen.“ Wer sagt, ich will diese Sanftmut nicht, der muss sich von der Bergpredigt fragen lassen, ob er schon drin ist in dem Reich, in dem der Bergprediger regiert. Und wer diesen Hunger nicht will, wer sagt: „Ach, das ist doch überzogen, Hunger nach Heiligkeit, ich bitte euch, noch frommer werden, einmal bekehrt, das reicht doch wohl, vielleicht ein paar kleine Veränderungen, aber Hunger nach Heiligkeit. Und Barmherzigkeit, meine Güte, ich habe genug mit meiner Arbeit. Ich hab schon so genug Stress. Ich brauche keinen Hunger nach Heiligkeit und ich will auch nicht mehr groß über Barmherzigkeit nachdenken“, der muss sich fragen lassen von der Bergpredigt, ob er schon in dem Reich lebt, in dem der Bergprediger regiert. Und schließlich, wer lächelt, wenn er den Ausdruck reines Herz hört, wer sich abfindet mit dem Schmutz, der da immer wieder reinsickert mit den alten Sünden, und wer immer wieder merkt, hier habe ich wieder über so einen dreckigen Witz mitgelacht, aber was soll’s denn, und hier habe ich wieder einen kleinen Steuerbetrug gemacht, aber sei es drum, wer sich damit abfindet, wer sich arrangiert mit bestimmten Sünden, wen das gar nicht mehr schmerzt, der muss sich von der Bergpredigt fragen lassen, ob er schon in dem Reich drin ist, in dem der Bergprediger regiert.