Predigten über die Bergpredigt - Teil 15/26 - Vorsicht Falle! Sogar beim Beten

Wolfgang Nestvogel

1995

Matthäus 6, 5-8 und Matthäus 6, 16-18

 

 

Ein Bayer und ein Preuße treffen sich flüchtig auf der Straße. Der Bayer ruft, wie das dort so üblich ist sein Grüß Gott. Und der Preuße antwortet spöttisch: Tja, wenn ich ihn das nächste Mal sehe. Darauf der Bayer: Ich habe vorhin erst mit ihm gesprochen. Für die einen ist es selbstverständlich und für die anderen ist es unvorstellbar, dass man mit Gott reden kann. Letzte Woche saß mir jemand gegenüber und erzählte mir von seinen vielen Problemen und ich wollte ihm so gerne deutlich machen: Es gibt wirklich einen Gott, der Ihnen helfen kann, der hört Sie wirklich. Aber ich merkte, es fiel ihm irgendwie schwer, sich das vorzustellen. Die einen sagen, ich kann mir im Leben nicht vorstellen, jemals zu beten. Andere sagen, ich kann mir ein Leben ohne Gebet gar nicht mehr vorstellen. Jesus jedenfalls macht das Beten immer wieder zum Thema. Einerseits ermuntert er dazu, wir haben das vorhin in der Lesung von Lukas 11, 5-13 gehört, wo er sagt: Leute, es lohnt sich. Kommt immer wieder ran, betet. Aber dann sagt Jesus auch, Pass auf, dass du beim Beten nicht auf eine falsche Fährte kommst, dass du richtig betest. Sie haben sich nicht verhört. Man kann nämlich auch falsch beten.

Und genau darüber redet Jesus in unseren Versen, über falsches und richtiges beten. Er macht eine Gegenüberstellung. Er sagt, so sollt ihr es nicht machen und so sollt ihr es machen. Und damit können wir vorweg eins schon mal festhalten. Für Jesus ist das Gebet eine nüchterne Sache, eine wirkliche Kommunikation zwischen Mensch und Gott. Und deshalb, weil das so real ist, kann man bestimmte Dinge falsch und bestimmte Dinge richtig machen. Es gibt ja Leute, denen stehen bei dieser Behauptung die Haare zu Berge. Die sagen, beim Beten darf man doch keinem reinreden. Jeder Mensch macht so seine eigenen religiösen Erfahrungen, hier gibt es doch kein richtig oder falsch. Der Mystiker meint, man kann mit jedem Atemzug beten. Der Pragmatiker denkt, jede gute Tat ist doch dasselbe wie ein Gebet. Der Romantiker sieht in den Sternenhimmel und nennt das beten. Jesus sieht das völlig anders, viel nüchterner. Jesus sagt, beten ist nicht nur eine nebulöse religiöse Erfahrung. Das ist nicht so schwammig, dass man das gar nicht beschreiben könnte. Und darum maßt Jesus sich an, konkrete Hinweise zu geben, wie man richtig betet. Und das wollen wir uns jetzt zusammen angucken. Sie haben den Text vor sich.

„Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken stehen und beten, damit sie von den Leuten gesehen werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt. Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten. Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen. Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet.“

„Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht sauer dreinsehen wie die Heuchler; denn sie verstellen ihr Gesicht, um sich vor den Leuten zu zeigen mit ihrem Fasten. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt. Wenn du aber fastest, so salbe dein Haupt und wasche dein Gesicht, damit du dich nicht vor den Leuten zeigst mit deinem Fasten, sondern vor deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten.“

Wir wollen beten: Herr Jesus Christus, du kennst unser tückisches Herz und du weißt, wie schnell wir zu Schauspielern werden, die Schein und Wirklichkeit verwechseln. Bitte, reinige du uns und hilf uns durch dein Wort in der Bibel heute Morgen, dass wir Klarheit bekommen über unsere eigene Situation. Hilf uns jetzt bitte beim Reden und beim Hören. Amen

Beten ist eine ganz realistische Sache. Jedes Kind kann das lernen, aber selbst erfahrene Christen brauchen immer wieder Nachhilfeunterricht, Korrektur, Auffrischung für ihr Beten. Und so kommen wir heute bei unserer Predigtreihe über die Bergpredigt an diese Stelle, wo Jesus zwei besonders brisante Punkte anspricht. Zwei Punkte, die unser Beten saft- und kraftlos machen können. Und deshalb auch unser Thema: Vorsicht Falle – sogar beim Beten. Zwei Fallen beschreibt Jesus, in die man beim Beten leicht hinein tappen kann. Und er gibt uns zwei Rezepte, wie wir aus diesen Fallen wieder rauskommen können oder möglichst gar nicht erst reintreten. Die erste Falle steht in Vers 5: „Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken stehen und beten, damit sie von den Leuten gesehen werden.“ Jesus beginnt also erst mal mit einem schlechten Beispiel. Er sagt, wie wir es nicht machen sollen. Das griechische Wort für Heuchler bedeutet im klassischen Griechisch wörtlich Schauspieler. Ein Schauspieler ist jemand, der etwas darstellt, was er nicht ist, der etwas vorspiegelt, was er nicht meint. Ein Beispiel: Eine Frau bekommt Besuch von ihrem Pastor. Sie will besonders bescheiden wirken und sagt: Ach, Herr Pastor, wie gut, dass Sie kommen, wo ich doch so eine arme Sünderin bin. Und der Pastor antwortet: Tja, das habe ich schon gehört, deswegen bin ich ja auch gekommen. Und da reagiert die Frau ganz empört und sagt: So eine Frechheit! Wer hat das behauptet? Unmöglich! Da kam die Heuchelei wenigstens schnell raus.

Den Fall, den Jesus hier anspricht, der ist komplizierter. Da ist die Heuchelei besser getarnt. Jesus hat die Pharisäer vor Augen. Die machen ja was Gutes, die beten. In Israel war es üblich in aller Öffentlichkeit zu beten. Sie können das heute noch an der so genannten Klagemauer beobachten. Die frommen Juden beteten nicht nur in der Synagoge, sondern auch auf offener Straße. Es gab offizielle Gebetszeiten, meist um neun, um zwölf, um drei Uhr, und wenn man eben um drei Uhr gerade in der City war, wurde die Aktentasche kurz abgestellt und dort laut gebetet. Jesus kritisiert nicht, dass sie in der Öffentlichkeit beten. Das ist nicht der Punkt. Jesus hat manchmal selbst öffentlich gebetet. Nicht nur im Kreis seiner Jünger, sondern auch wenn eine große Menge dabei war. Es gibt genügend Beispiele dafür. Das Problem hier ist, warum die beten. Jesus sagt, damit sie von den Leuten gesehen werden. Also das Gebet wendet sich nur vordergründig an Gott und eigentlich eher an die zufälligen Zuschauer, die man beeindrucken will mit einer religiösen Show. Manche nehmen an, dass etliche von den Pharisäern ihre Wege so genau geplant haben, dass sie so losgegangen sind, dass sie gerade zum richtigen Gebetszeitpunkt an einer besonders belebten Straßenecke waren. Da hatten sie das Publikum für ihre Show und sie ernteten die Bewunderung ihrer Volksgenossen. Aber das war es dann auch. Jesus sagt, die kriegen, was sie wollen. Sie haben ihren Lohn gehabt. Das ist ein Begriff aus dem Wirtschaftsleben, der besagt, dass das Geschäft vollständig abgeschlossen ist. Also die Heuchler wollten die menschliche Bewunderung und die kriegen sie. Aber von Gott haben sie keine Antwort auf dieses Gebet mehr zu erwarten.

So weit so gut könnte man denken. Das ist nicht unser Problem. Wenn wir uns in die Fußgängerzone in die Langestraße stellen und dort laut beten, dann ernten wir dafür keinen Beifall, sondern höchstens ein müdes Lächeln oder Schlimmeres. Vielleicht gießt uns auch jemand einen kalten Eimer Wasser über den Kopf. Und so hat man diesen Vers 5 schnell zu den Akten gelegt. Eine Karikatur von absurden Leuten, die es heute nicht mehr gibt. Aber Halt. Jesus zeichnet hier, wenn sie genau hingucken, keine Karikatur. Die Pharisäer sind keine oberflächlichen Frömmler, die so ein bisschen religiöse Bewunderung suchen. Das Problem sitzt tiefer. Die Pharisäer, zumindest viele von ihnen, halten sich selbst ja wirklich für fromm. Die meinen das eigentlich ernst. Die bilden sich ein, Gott ist zufrieden mit mir. Die sagen nicht, jetzt stellen wir uns mal hier hin und ziehen eine religiöse Show ab. Das sagen die ja nicht bewusst. Die machen sich nicht klar, dass sie zu Heuchlern werden. Ihr Herz spielt ihnen einen Streich. Und das ist das Gefährliche an unserem Stolz, an unserer Ehrsucht. Sie schleichen sich in unser Herz rein und bestimmen unser Denken, ohne dass wir es merken. Das ist das Gefährliche an unserer Show, dass wir sie nicht durchschauen und dass wir dann den Schein, den wir erzeugen, für die Wirklichkeit halten.

Liebe Gemeinde, was Jesus uns hier vor Augen führt, ist keine lächerliche Karikatur von absurden Leuten, sondern es ist eine erschreckende Wahrheit über unser eigenes Herz. Hier sagt Jesus, Pass auf, noch dein Gebet kann von deinem Stolz und von deiner Selbstsucht verdorben werden. Die Sünde ist so heimtückisch, dass sie sich sogar in das Beste, was ein Mensch tun kann, nämlich beten, hineinschleichen kann. Wenn wir klauen, wenn wir lügen, gemeine Reden führen oder schlechte Gedanken haben, dann ist uns die Sünde klar, dann liegt sie auf der Hand. Aber hier ist sie viel gefährlicher, weil sie sich reinschleicht ins Gebet. Also Jesus kritisiert nicht, dass sie öffentlich beten, sondern die Haltung, die dahinter steckt, die fromme Show. Denen geht es nicht um Gott, sondern um die Anerkennung der anderen Menschen. Und damit geht es ihnen letztlich um sich selbst. Und sie merken's nicht mal und geben es vor sich selbst nicht zu. Wie schnell kann sich diese Heuchelei in unser Gebet reinschleichen. Die Familie ist im Restaurant und ich denke es ist wichtig, dass wir das Tischgebet auch im Gasthaus nicht unter den Tisch fallen lassen. Wir haben ja auch da allen Grund, Gott zu danken. Jesus hat gesagt, dass wir uns auch in der Öffentlichkeit zu ihm bekennen sollen. Ich denke, auch für unsere Kinder ist es wichtig, dass die nicht den Eindruck bekommen, zu Hause danken wir fürs Essen und im Gasthaus ist es nicht mehr nötig. Aber selbst da kann sich Heuchelei reinschleichen, wenn ich nämlich innerlich auf die anderen Gäste im Raum herabsehe und denke: Na, ihr oberflächlichen Leute. Euch wollen wir mal zeigen, was eine christliche Familie ist. Wir beten jetzt. Dann richtet sich mein Gebet schon nicht mehr an Gott, sondern es ist nur noch religiöse Demonstration, eben Show.

Andere Situation, Gebetskreis in der Gemeinde. Es ist ausgesprochen wichtig, dass es diese Kreise gibt. Die Gebetskreise sind eine ganz wichtige Basis für unsere Gemeindearbeit. Aber selbst da muss ich mich fragen, warum ich dorthin gehe. Weil das Neue Testament sagt, es ist wichtig, gemeinsam zu beten? Oder kommt es mir vor allem darauf an, dass man mich da sieht? Er war da. Und wenn ich nicht komme, könnten die anderen ja denken, ich nehme das Gebet nicht ernst genug. Also gehe ich lieber mal hin. In dem Augenblick, wo das mein Motiv ist, sagt Jesus zu mir: Junge, du hast deinen Lohn gehabt. Merken Sie, wie schwer das für uns ist, uns selbst zu durchschauen? Oder nehmen Sie das öffentliche Gebet des Pastors im Gottesdienst. Das ist für uns immer eine große Versuchung, dass wir mehr an die Leute denken, mit denen wir beten, die zuhören, als an Gott zu dem wir beten. Und der ja auch zuhört und der der eigentliche Adressat ist. Die Frage heißt doch immer: Wen meine ich mit meinem Gebet? Wer ist der Adressat? Wer soll mich hören? Wer soll mich sehen? Geht es mir um Gott, um Jesus allein? Oder geht es mir um die Show vor Menschen? Wie tückisch ist mein Herz. Wie schnell werde ich zum Heuchler, nicht nur beim Beten. Das gilt für alles, was ich als Christ mache. Warum leite ich diese Gruppe in der Gemeinde? Damit man mir nicht nachsagen kann, ich wäre faul? Dass ich wenigstens was mache? Oder um mich selbst zu bestätigen? Oder um Gott zu dienen?

Und dann bringt Jesus noch ein anderes Beispiel in den Versen 16-18 mit dem Fasten. Fasten ist ja eine gute Sache. Ich verzichte für eine bestimmte Zeit freiwillig auf Nahrung, um Selbstdisziplin zu lernen, um mich in dieser Zeit des Fastens noch besser auf das Beten konzentrieren zu können. Das ist gut. Aber etliche Pharisäer hatten eine Show daraus gemacht. Normalerweise gab es zwei Fastentage in der Woche, montags und donnerstags. Und an diesen Tagen haben sie dafür gesorgt, dass man ihnen diesen Verzicht auch richtig ansah. Sie haben sich nicht richtig gepflegt und nur nachlässig gekämmt. Sie wollten so richtig leidend aussehen. Also wenn wir schon fasten, dann soll man es wenigstens auch merken. Und Jesus sticht nun hinein in diesen Luftballon, in diese Selbstdarstellung in den Versen 16-18, und sagt: Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht sauer dreinsehen wie die Heuchler. Die verstellen ihr Gesicht. Warum? Um sich vor den Leuten zu zeigen mit ihrem Fasten. Sie haben ihren Lohn gehabt. Und dann sagt Jesus in Vers 18, du sollst dich eben nicht vor den Leuten zeigen, sondern vor deinem Vater, der im Verborgenen ist, und dein Vater, der ins Verborgene sieht, wird es dir vergelten. Das ist die gleiche Frage: Für wen mache ich das? Wer soll mich eigentlich sehen? Was ist hier mein Motiv? Jesus hält uns schonungslos den Spiegel vor.

Aber dann zeigt er auch das Rezept, wie wir rauskommen aus unserer Falle, wie unser Gebet echt wird. Und das erste Rezept finden Sie in Vers 6: „Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.“ Das ist der wichtigste Ort, an dem du Gott begegnen sollst. Geh ins Verborgene, dort wo alle Schauspielerei aufhört, dort, wo es nur noch dich gibt und Gott. Geh ins Verborgene, wo Gott dich stellt, wo Gott dir auch deine eigene Motive immer wieder klarmacht, oft gerade durchs Bibellesen. In viele jüdischen Häusern gab es einen Raum, der besonders schön, still und geschützt war. Oft war es der einzige Raum, den man abschließen konnte. Das war das Kämmerlein. Und Jesus sagt, da geh rein, mach die Tür zu und dreh den Schlüssel um. Zieh dich zurück von den Menschen in der Gebetszeit, damit du wegkommst von dem Schielen nach ihrer Bewunderung. Oder vor der Angst, du könntest dich vor ihnen blamieren. Geh weg von den Menschen für die Zeit des Gebets, damit du frei wirst für Gott.

Sehen Sie, wenn ich an einer Gebetsversammlung teilnehme, und das ist wichtig und gut, dann sehen das immer auch andere. Aber wenn ich im Kämmerlein bete, dann sieht es nur Gott. Ob ich früh noch in den Federn liege, oder bereits mit Gott rede, das weiß kein Mensch, höchstens meine Frau. Wenn ich einen Hausbesuch mache, wird das gesehen. Wenn ich eine Jugendstunde leite, bin ich in der Szene. Wenn ich predige, ist das öffentlich. Wenn ich bete, kostet das auch Kraft und Einsatz und Konzentration, aber es sieht „nur“ Gott. Wie viel ist mir der persönliche Kontakt mit Gott wert? Dort, wo kein Mensch es sieht, kein Mensch es mir lohnt. Es soll reichen, wenn Gott es weiß. Vor anderen kann ich höchstens bekennen, wie oft ich nachlässig gewesen bin. Und ich muss ihnen sagen, die Vorbereitung dieser Predigt hat mir auch den Spiegel ganz schön vorgehalten und mich wirklich beschämt.

Jesus gibt uns also dieses Rezept. Er sagt, beten ist erstmal nur eine Sache zwischen dir und Gott und Jesus. Und darum versuche möglichst alle Ablenkung zu vermeiden. Jesus hat sich ja auch immer wieder in die Stille zurückgezogen, oft stundenlang, um nur mit seinem Vater zu reden. Es geht hier nicht in erster Linie um den äußeren Ort, ob man nun in das innerste Kämmerlein oder in den Bastelkeller oder in den Wald geht, sondern es geht um die Ausrichtung des Herzens. Aber der äußere Ort kann eine Hilfe sein. Und eins müssen wir festhalten: Jesus ist nicht gegen ein gemeinsames Gebet. Überhaupt nicht. Auch nicht gegen das Gebet in der Öffentlichkeit. Er hat das selbst praktiziert. Die ersten Christen auch. Die haben Gebetsgemeinschaften gemacht. Das ist wichtig. Aber, und das ist der Punkt, unser gemeinsames Gebet muss verankert sein in unserem einsamen Gebet. Gerade auch, weil wir so anfällig sind für Stolz und Eitelkeit, weil wir immer wieder nach den Menschen schauen. Und darum muss Gott unser Leben immer wieder reinigen und auf Kurs bringen; und das geschieht im Verborgenen. Ganz klar, es gibt Zeiten, wo uns das Beten schwerfällt. Dann ist es wichtig Hilfe zu suchen. Dann kommt es darauf an, dass wir uns gegenseitig im Gebet wieder auf die Sprünge helfen, dass wir uns, im übertragenen Sinn, beim Beten unter die Arme greifen. Das ist wichtig. Aber wenn es für einen Christen zu einem Dauerzustand wird, dass er das Gespräch allein mit Gott meidet, dass er nur noch beten kann, wenn andere dabei sind, dann stimmt irgendetwas an der Beziehung zu Gott nicht.

Jedes Beispiel hinkt irgendwo, aber stellen Sie sich vor, ich würde zu meiner Frau sagen: Ich finde es wahnsinnig interessant mit dir zu reden wenn wir in Gesellschaft sind. Aber in dem Moment, wo wir beide nur noch uns haben, stelle ich lieber den Fernseher an. So alleine habe ich nicht die Muße mit dir zu reden. Ich weiß ja sowieso schon, was du sagen willst. Da würde jeder sagen, also die beiden müssen unbedingt wieder ins Gespräch kommen miteinander. Wenn die nur in der Öffentlichkeit miteinander reden, aber nicht in der Zweisamkeit, dann ist da irgendwas ins Stocken gekommen. Und deshalb sagt Jesus, geh ins Verborgene. Geh dahin, wo nur Gott dich sieht. Und frag dich mal ehrlich: Wo liegt eigentlich das Schwergewicht meines Betens? Nehme ich mir nur dann Zeit für Gott, wenn andere mitmachen, wenn ich auch noch menschliche Gemeinschaft dabei habe? Oder ist er allein mir diese Zeitinvestition wert? Geh ins Verborgene, sagt Jesus. In diesem Kämmerlein hat man damals auch wertvolle Schätze aufbewahrt, weil man das Kämmerlein abschließen konnte. Und das schwingt hier wahrscheinlich mit. Wenn du ins Verborgene gehst, wenn du dir die Zeit nimmst, ganz allein mit Gott zu reden, dann kommst du in eine Schatzkammer, wo kostbare Schätze auf dich warten. Stell dir vor, du bekommst eine Privataudienz bei Gott.

Jesus sagt, Gott sieht dahin, in das Verborgene. Natürlich sieht Gott dich überall. Er sieht dich auch hier. Aber wenn du dich in dein Arbeitszimmer einschließt, oder in dein Wohnzimmer zurückziehst, oder in den Keller gehst, oder sonst wo hin gehst, wo du Ruhe hast, da will Gott extra hinsehen, nur für dich. Machen Sie sich das klar, wenn Sie sich das nächste Mal zurückziehen für Gott. Ich bin Gott jetzt so viel wert, dass er allein für mich hier hinguckt. Und Jesus sagt, Gott guckt nicht nur hin, er will’s dir auch lohnen, er will dich beschenken. Er wird dein Leben immer mehr nach seinen optimalen Vorstellungen prägen. Wenn du zu ihm kommst ins Verborgene, dann wird er eine starke Persönlichkeit aus dir machen. Die Zeit im Kämmerlein ist gut investiert. Auch wenn man das nicht gleich sieht. Und wer daran spart, der spart an der falschen Stelle. Ich predige das auch mir selbst.

Ein bekannter christlicher Autor und Evangelist hatte mal ganz ehrlich erzählt, wie er an der falschen Stelle gespart hat, wie er in eine schwere persönliche Krise rein rutschte, weil er die Zeit mit Gott vernachlässigt hatte. Er schreibt: Das Telefon klingelte, ich holte meinen Kalender und wenn der Termin frei war, übernahm ich ihn. Was bei mir an Aktionen zunahm, musste ich an meiner persönlichen Stille vor Gott abzweigen. Obwohl ich gerade diese Stille gebraucht hätte, um aufzunehmen, um zu hören, um aktiv sein zu können. Aber auf diese Weise wurde meine Stille immer weniger, mein Lebensrhythmus mehr und mehr überdreht. Letztlich war das der Auslöser für die Krise.

In der Stille vor Gott entscheidet sich unsere Substanz, da entscheidet sich, was wir als Christen wirklich bewegen in dieser Welt. Martin Lloyd Jones war sicher einer der wichtigsten Prediger unseres Jahrhunderts, ein hochgebildeter Mann, ein grandioser Rhetoriker, ein tiefsinniger Theologe. Aber nachdem er 1981 gestorben war, sagte seine Frau: Niemand wird das Geheimnis meines Mannes jemals verstehen, solange er nicht begreift, dass mein Mann vor allem anderen ein Mann des Gebets war. Jesus gibt uns das gleiche Rezept. Er sagt, geh ins Verborgene. Investiere die Zeit an einer Stelle, wo es dir kein Mensch lohnen wird. Aber diese Zeit in der Stille vor Gott wird darüber entscheiden, was du für Gott bewegst in dieser Welt. Und dann geht Jesus noch einen Schritt weiter. Dann gibt er uns noch ein zweites Rezept. Also angenommen wir machen das, wir ziehen uns zurück ins Verborgene um dort zu beten, dann müssen wir noch ein Zweites unbedingt beachten und das will ich Ihnen auch noch zeigen.

In Vers 7 beginnt Jesus wieder mit einem schlechten Beispiel. Er sagt: „Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen.“ Das ist die zweite Falle, in die wir beim Beten tappen können, dass wir nur plappern, aber mit dem Herzen gar nicht dabei sind. Und das meine ich mit dem Ausdruck religiöse Methode. Wir sagen bestimmte Worte her, wir haben eine bestimmte Technik beim Beten, wir haben bestimmte Gewohnheiten, aber mit dem Herzen sind wir gar nicht dabei. Das Mundwerk läuft, aber die Gedanken sind nicht beteiligt. Dieser Ausdruck plappern den gibt es sonst nirgendwo mehr im Neuen Testament, auch in der sonstigen griechischen Literatur nicht. Das ist eigentlich so Lautmalerei, das ist gar kein richtiges Wort. Etwas wie wenn wir so sagen papperlapapp, das ist hier gemeint.

Jesus kritisiert nicht das lange Beten, im Gegenteil. Jesus hat oft selber ganz viele Stunden gebetet. Jesus hat uns immer wieder Beispiele von Leuten vor Augen gestellt, die nachhaltig, beharrlich gebetet haben. Wir können diesen Vers 7 nicht heranziehen um unsere Gebetsfaulheit zu rechtfertigen. Was Jesus am heidnischen Gebet kritisiert, ist nicht die Zahl der Wörter, sondern die Art der Worte. Jesus sieht nicht auf die Stoppuhr, sondern er sieht auf das Herz. Und wörtlich sagt er: Die Heiden bilden sich ein, dass sie wegen ihres Wortschwalls, wegen ihrer Vielwörterei erhört werden. Und dann sind sie beruhigt nach dem Motto: Wir haben ja die richtige Technik angewendet. Und sie hatten doch keinen echten Kontakt zu Gott.

Und sehen Sie, ich werde Ihnen jetzt ein paar Beispiele zeigen, wie diese Falle der religiösen Methode bis heute an vielen Stellen auf uns wartet, oder auch in anderen Kulturen. Gehen wir erst mal ganz weit weg. Das Mantra im Buddhismus. Das Mantra ist so ein magischer Spruch, der ständig wiederholt wird. Das bekannteste Mantra ist das Om mani padme hum. Das wird nun immer wiederholt, om mani padme hum, om mani padme hum. Und diese Laute sollen eine magische Kraft enthalten und je öfter man sie wiederholt, umso besser. Man kann dieses Mantra auch aufschreiben und in eine sogenannte Gebetsmühle stecken, das ist ein Rad, das sich dreht. Und wenn man diese Gebetsmühle in Bewegung setzt, mit dem Mantrazettel drin, dann dreht der Wind sie weiter und plappert und klappert das Mantra ins Universum hinein.

Eine andere religiöse Methode ist die Transzendentale Meditation. Damit soll nun das Denken, das Reden und das Bewusstsein nach und nach ausgeschaltet werden. Auch das hat nichts mit beten zu tun. Ein weiteres Beispiel ist der Rosenkranz. Sie kennen das vielleicht. Der Rosenkranz ist eine Kette. Da kommen nacheinander immer zehn kleine Perlen und dann eine große Perle, fünf Mal. Und der Beter hält die Perlen nach und nach zwischen den Fingern. Wenn er an die große Perle kommt, betet er normalerweise ein Vaterunser. Und bei jeder der zehn kleinen Perlen betet er das Ave Maria, voll der Gnade des Herrn, der Herr ist mit dir, heilige Maria, bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes, Amen. Und das betet er zehn Mal hintereinander, bei jeder kleinen Perle. Und dann wieder ein Vaterunser. Und dann wieder zehn Mal hintereinander das Ave Maria. Dann wieder ein Vaterunser. So geht das bis zum Ende der Gebetskette.

Einmal ganz abgesehen davon, dass die Bibel sowieso verbietet, zu irgend einem Menschen zu beten und sei es zu Maria, schon die Art und Weise des Rosenkranzes ist eine Gebetsform, die Jesus mit diesem Vers untersagt. Spricht so ein Kind mit dem Vater? Ich bin überzeugt, viele die den Rosenkranz beten, meinen das ganz ernst und sind besten Willens, aber sie wissen es nicht, zumal der Papst ja auch noch dazu ermutigt, den Rosenkranz zu beten. Aber es ist eine religiöse Methode. 50 kleine Perlen, 50 Mal werden immer wieder die gleichen Wörter aneinander gereiht. Und Jesus sagt: Sie meinen, sie werden erhört. Das ist das Tragische. Sie fühlen sich sicher. Sie haben sich beruhigt. Sie glauben, jetzt hätten sie alles getan, was Gott von ihnen will. Und Jesus zeigt, so etwas ist kein Gebet, sondern eine Gebetsfalle. Und beim Rosenkranz kommt noch dazu, dass man sich auf eine Mittlersperson verlässt, die gar kein Mittler sein kann und gar kein Mittler sein will, nämlich Maria. Der einzige Vermittler zum Vater ist Jesus Christus.

Aber fühlen wir uns nicht zu sicher, nur weil wir evangelisch sind. Nicht nur der biblisch falsche Rosenkranz ist eine Methode, sondern auch das Vaterunser, das Jesus selbst gelehrt hat, kann zu einer religiösen Methode werden, zu einer Technik, die ich nur mechanisch anwende, wenn ich es bete, ohne mit dem Herzen dabei zu sein. Wenn ich es nur so runter rattere aus Gewohnheit. Etwas anderes ist es, wenn jemand so schwach und krank ist, dass er kaum noch mit seinen eigenen Worten beten kann. Dann kann er sich an das Vaterunser klammern, die Worte nachbeten. Aber dann kommt es ja grade von Herzen. Aber wir fallen in die Falle rein, wenn wir nur mechanisch die Wörter hersagen, ohne wirklich dabei zu sein.

Erlauben Sie, dass ich noch eine weitere Technik, eine Methode, nenne, die sich in gewissen christlichen Kreisen in den letzen Jahren ziemlich ausgebreitet hat. Da singt man kurze Liedstrophen, oft ist es nur ein Bibelwort. Das Ganze hat eine sehr eingängige, einschmeichelnde Melodie. Und dann singt man diese Strophe wieder und wieder. Immer wieder dieselben wenigen Worte. Ähnlich wie beim Mantra. Die Stimmung steigt je länger man das singt, das Denken tritt immer mehr zurück, da man ja immer wieder nur mechanisch die selbe Zeile wiederholt, vielleicht mal das eine oder andere Wort ändert, die Gefühle werden immer mehr hochgefahren, und weil die Gefühle so gut sind, sagt man, jetzt sind wir Gott besonders nahe, so muss Gott gelobt werden. Denn es sind ja immerhin Bibelworte, die wir immer und immer wieder aneinander reihen. Auch das fällt hier unter Vers 7. Die Bibel ermutigt uns nirgendwo dazu, unser Bewusstsein durch Gefühle zurückzudrängen. Nirgendwo.

Sondern dahinter steckt, obwohl die meisten das nicht wissen, das Denken heidnischer Religionen, die Gott in der Ekstase suchen. Und sie denken, je mehr sie emotional aufgewühlt seien, umso näher wären sie Gott. Und bei manchen dieser Gottesdienste ist das noch nicht alles. Wenn diese kurzen Liedstrophen lange genug gesungen werden, kann es passieren, dass die Musikgruppe plötzlich aufhört und dann singen einige Leute in die Stille hinein völlig unverständliche Silben durcheinander. Meist keine normalen Wörter, sie verstehen auch eigentlich nicht, was sie singen, aber sie nennen es singen im Geist, oder singen in Zungen. Und dabei fühlen sie sich religiös höchst stimuliert. Sie behaupten, es gäbe eine besondere Gebetssprache, die man zwar nicht versteht, die das Denken umgeht, aber mit dieser Gebetssprache könne man Gott besonders gut loben. Und dann werden manchmal noch Vertiefungsseminare angeboten, bei denen man diese religiöse Methode kennenlernen und vielleicht sogar erlernen kann.

Jesus und die Apostel haben etwas anderes gelehrt. Als die Apostel am Pfingsttag in Zungen redeten, waren das keine unverständlichen Silben, keine geheime Engelssprache, sondern es waren ganz normale Fremdsprachen, die von den Juden aus aller Welt auch sofort verstanden wurden. Also, hüten wir uns vor einer Falle, die das Beten verwechselt mit einer religiösen Methode, mit einer Technik, mit einem Plappern, mit einem Wortschwall, mit einer Aneinanderreihung von Silben. Es mag vielleicht unser Gefühl befriedigen und unser Gewissen beruhigen. Aber unser Herz? Und das heißt auch immer wieder unser Denken und unser Bewusstsein werden ausgeschaltet und es kommt keine echte Begegnung mit Gott zustande.

Wie gut, dass Jesus uns auch in diesem Fall zum Schluss noch einmal ein Heilsames Rezept verschreibt. Und das steht in Vers 8 am Ende: „Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet.“ Wissen Sie wie das Rezept heißt gegen die religiöse Methode? Das Rezept heißt: Bedenke, mit wem du sprichst. Euer Vater weiß, was ihr braucht. Der lebendige Gott, zu dem ihr betet, ist eine Person, er ist sogar euer Vater. Bedenkt doch, ihr sprecht mit dem Vater. Und das heißt doch, ihr könnt euch ganz vertrauensvoll, mit ganz normalen Worten an ihn wenden. Bedenke, zu wem du betest. Der Vater im Himmel ist doch kein heidnischer Götze. Kein Götze, wie manche sich das vorstellen, den man durch irgendeine Technik bewegen und zwingen müsste. Der Vater im Himmel ist doch keine unberechenbare ferne Gottheit, die man durch Rituale und Methoden besänftigen und gnädig stimmen müsste. Und wehe, man hat einen Teil des Rituals vergessen. Bedenke, mit wem du sprichst.

Und merken Sie? In dem bedenke steckt auch das Wort denken drin. Beten heißt also nicht, dass ich mich durch eine Technik in die richtige Stimmung bringe und mich dann meinen Gefühlen überlasse. Und wenn die Gefühle kommen, war es ein schönes Gebet und wenn sie nicht kommen, bin ich frustriert. Nein, bedenke, mit wem du sprichst. Jesus gibt uns dieses Rezept. Er sagt erst, geh ins Verborgene, suche die private Audienz bei dem Vater. Und dann bedenke erst mal, zu wem du jetzt betest. Ich darf jetzt in das Zimmer gehen, wo der allmächtige Gott auf mich wartet. Ich darf jetzt zu dem König der Könige sprechen, zu dem, der alle Macht hat, der absolut heilig ist. Zu dem darf ich jetzt gehen. Bedenke, mit wem du redest. Und dann bedenke, es ist der Vater, der dich liebt, der dich versteht. Und dann mach dir klar, der Vater kennt deine Situation, der weiß schon längst was du brauchst. Das sagt Jesus. Euer Vater weiß, was ihr bedürft schon bevor ihr ihn bittet. Wenn Sie sich ins Verborgene zurückziehen, dann sieht er Sie nicht nur, sondern er hat auch einen perfekten Überblick über ihre Lebenssituation. Er weiß genau, was Sie brauchen, noch bevor Sie überhaupt einen Satz gesprochen haben.

Das ist doch bei uns menschlichen Eltern schon ganz ähnlich. Normalerweise haben wir doch den Überblick, was unsere Kinder brauchen. Wir sehen es früher, noch bevor die Kinder es merken. Wir sorgen dafür, dass die Speisekammer voll ist, noch bevor sie Hunger kriegen. Die Mütter sehen es meistens als Erste, wenn die Kinder, und auch die Väter, neue Winterstiefel brauchen. Das sehen die Eltern. Und wie viel mehr müssen wir beim himmlischen Vater davon ausgehen, dass er richtig einschätzt, was wir brauchen. Und er hat einen großartigen Plan mit uns. Er weiß es. Aber macht Jesus das Beten damit nicht überflüssig? Wenn Gott sowieso alles weiß, warum sollen wir ihn noch groß bitten? Nein, nein, für Jesus ist das überhaupt kein Widerspruch. Einige Verse später sagt er, wir sollen ganz konkret bitten, sogar um das tägliche Brot. Und das weiß Gott doch, dass wir das brauchen. Aber Sie werden in der Bibel finden, dass das immer nebeneinander steht. Gott weiß alles, er ist allwissend, er kennt uns und doch fordert er uns auf: Bitte mich! Und doch macht er Ihnen Mut: Mensch komm doch auch mit den kleinsten Anliegen die du hast zu mir. Behellige mich damit.

Warum? Nicht weil wir Gott informieren müssten. Er sieht uns ja. Aber Gott sucht den persönlichen Kontakt. Er will, dass wir wirklich mit ihm kommunizieren. Er will, dass wir die Hände ausstrecken nach seiner Fürsorge. Und daran sehen wir noch einmal, Gott ist kein anonymes Versorgungsamt, das uns monatlich einen bestimmten Betrag überweist. Gott ist keine Firma, die wir mit einem Dauerauftrag bezahlen. Bedenke, mit wem du sprichst. Euer Vater weiß, was ihr bedürft, noch bevor ihr ihn bittet. Er ist der persönliche Gott und darum will er den persönlichen Kontakt. Es ist der Vater und darum umgibt er dich mit seiner liebevollsten Fürsorge. Es ist der Vater, der alles vorher weiß. Und darum wird er dir immer das Richtige geben. Und auch unsere unklarsten Bitten wird er noch richtig verstehen. Und selbst dort, wo wir um etwas Falsches bitten, etwas, das uns schadet, wird er uns das Richtige geben. Und er wird unsere Gebete anders, er wird sie viel, viel besser erhören, als wir uns das vorgestellt haben. Das war also das zweite wichtige Rezept, das Jesus uns fürs Beten verschreibt: Bedenke, mit wem du redest. Und dann kannst du loslegen, mit Ehrfurcht, weil du weißt, der heilige Gott hört mir jetzt zu. Und ohne Furcht, weil du weißt, der heilige Gott ist mein Vater. Und er nimmt mich so ernst, dass er mein Gebet nicht nur so als Formsache zur Kenntnis nimmt, sondern er baut dein Gebet so genial in seinen souveränen Plan ein, dass dein Gebet wirklich etwas bewirkt, dass es wirklich wichtig ist.

Es ist oft aufregend, wie Gott unsere Gebete in seine Pläne einbaut. Ich hab das Beispiel vor einiger Zeit schon mal erzählt, aber es kann hier noch mal unterstreichen, was Jesus meint. Es gibt einen ganz herrlichen Bericht über ein theologisches Seminar in Dallas, Texas. Kurz nach der Gründung dieses bibeltreuen Seminars drohte es bereits wieder einzugehen, weil das Geld fehlte. Und dann gab es einen Stichtag, den die Gläubiger gesetzt hatten, an dem sie ihr Geld wiederhaben wollten. Der Tag kam und das Geld war nicht da. Die Gründer des Seminars versammelten sich im Büro des Direktors und beteten. Und einer von ihnen, Harry Ironside, betete: Ach Herr, dir gehört doch die ganze Welt. Das Vieh auf tausenden von Hügeln ist auch dein. Und da solltest du nicht in der Lage sein, Geld für uns flüssig zu machen? Herr, hilf uns! Während sie noch beten stiefelt ein hochgewachsener Texaner ins Sekretariat und sagt zu der Sekretärin: Hören Sie, gerade habe ich zwei Wagenladungen Vieh in Fort Worth verkauft. Ich wollte mit dem Geld eigentlich ein Geschäft machen, aber es hat nicht so geklappt. Und da kam mir der Gedanke, Gott möchte, dass ich das Geld diesem Seminar gebe. Ich weiß nicht, ob sie es brauchen, aber hier ist jedenfalls der Scheck. Die Sekretärin nahm den Scheck, ging auf Zehenspitzen in den Raum des Direktors, wo gebetet wurde und drückte dem Direktor den Scheck still in die Hand. Es war genau der Betrag, den sie brauchten, um die Schulden zu decken. Und als der Direktor sah, dass der Scheck von einem Viehzüchter stammte, wandte er sich an Harry Ironside und sagte: Du Henry, Gott hat das Vieh tatsächlich verkauft.

Nicht immer antwortet Gott so schnell. Aber bedenken Sie, es ist immer derselbe Gott, zu dem wir beten. Es ist immer der fürsorgliche Vater, der längst vor Ihnen weiß, was sie brauchen, und wann und wie sie es brauchen. Und deshalb lassen Sie uns doch diese beiden Rezepte in der kommenden Woche anwenden. Gehen Sie ins Verborgene. Vielleicht sind Sie in letzter Zeit manchmal nicht dazu gekommen. Vielleicht ist es schwierig, weil Sie kleine Kinder haben und es schwer ist, eine ruhige Stunde zu finden. Es wird vieles dagegen stehen, es wird vieles dazwischen kommen und versuchen, Sie abzuhalten. Aber lassen Sie sich nicht entmutigen, probieren Sie es immer wieder. Gehen Sie ins Verborgene. Und dann bedenken Sie zu wem Sie reden, wer das ist. Und danken Sie Gott für diese Ehre, dass er Ihnen zuhört. Vertrauen Sie sich seiner Fürsorge an. Erwarten Sie viel von Gott und genießen Sie dieses unfassbare Vorrecht. Genießen Sie das, dass der Vater im Himmel diese Möglichkeit seinen Kindern einräumt.

Es gibt nur eine Schranke, die Ihnen diesen vertrauten Zugang zu Gott, versperren kann und das muss ich am Schluss noch sagen. Angenommen Sie wollten jetzt noch zu den olympischen Spielen nach Atlanta fliegen und in die USA einreisen, Sie bräuchten ein Visum. Nur wer das Visum hat, darf einreisen. Und zu Gott als Vater dürfen auch nicht alle beten, sondern nur seine Kinder. Und es gibt nur Einen, der uns diesen Vermerk in unseren Pass reinschreiben kann. Das ist Jesus Christus. Jesus ist nicht nur der Lehrer, der uns zeigt, wie wir zum Vater beten sollen, sondern er ist der einzige Verbindungsmann, der uns die Tür zum Vater aufmachen kann. Er hat gesagt: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater, als nur durch mich. All das Großartige, das wir eben beschrieben haben mit der Fürsorge und dem Hinsehen, bekommen wir erst durch Jesus. Es nützt uns nichts, ins Verborgene zu gehen ohne Jesus. Es nützt uns nichts, diese beiden Rezepte anzuwenden ohne Jesus. Gott ist nicht Jedermanns Vater.

Aber Gott ruft Jedermann zu Glauben an seinen Sohn Jesus Christus und sagt: Ich will dein Vater werden, vertraue meinem Sohn. Und wenn Sie Jesus noch nicht als Ihren Retter kennen sollten, wenn sie Jesus noch nicht als den Sohn Gottes anbeten sollten, dann bleiben Sie nicht da stehen, wo Sie zurzeit sind. Dann kehren Sie um. Kehren Sie sich hin zu Jesus persönlich. Rufen Sie ihn an um Hilfe, um Rettung. Beten Sie zu Jesus. Und dann bringt er sie zum Vater. Dann gibt Jesus Ihnen das Visum. Dann schenkt Jesus Ihnen das Vorrecht, Gott als Ihren Vater anzubeten. Und dann, durch Jesus, gilt auch für Sie, was ein Liedermacher über das exklusive Vorrecht der Christen gedichtet hat:

Du hast ein Recht darauf, mit Gott zu reden;

Du hast ein Recht darauf, dass er dich hört.

Es gilt für dich, für mich, es gilt für jeden;

das Recht darauf hat Jesus dir beschert.

 

Du hast es nicht geerbt von deinen Ahnen,

du hast es nicht, weil du in einer Liste stehst,

und auch nicht, weil du auf dem Pfad der Tugend gehst.

Du hast es nur, weil Jesus für dich starb.

 

Du hast ein Recht darauf, mit Gott zu reden,

und ist dein Reden noch so mangelhaft,

und weinst du laut und stammelst du betreten,

das Recht darauf hat Jesus dir verschafft.

Es gibt nicht besseres für unser Leben als dieses Recht, mit Gott zu reden, der uns liebt. Und wenn es mancher unbenutzt zur Seite schiebt, dann weiß er nicht, was ihm damit entgeht.

Du hast ein Recht darauf, mit Gott zu reden;

Was für so viele gilt, das gilt dir auch,

doch kann kein Mensch dich je dabei vertreten.

Du hast ein Recht. Nun mach davon Gebrauch.

 

Amen.